Ehren- und Mahnmal „Opfer“ des Bildhauers Fritz Schwarzbeck auf dem Waldfriedhof wieder vervollständigt

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Oberbürgermeister Jochen Partsch hat am Dienstag (28.03.23) das rekonstruierte „Ehrenmal für die Opfer der Brandnacht vom 11./12. September 1944“ in Anwesenheit von Mitgliedern der Familie des Künstlers eingeweiht. Die drei von dem Darmstädter Bildhauer Fritz Schwarzbeck (1902-1989) im Jahr 1958 geschaffenen lebensgroßen Bronzefiguren wurden → im Dezember 2017 von Unbekannten gestohlen, ihr Verbleib ist bis heute unbekannt.

„Die Kunstwerke Fritz Schwarzbecks haben in der Darmstädter Kunstlandschaft und Geschichte eine hohe Bedeutung und tragen maßgeblich zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs und damit der NS-Diktatur bei. Nach dem entsetzlichen Diebstahl der Bronzereliefs war es uns wichtig, diesem für die Erinnerung, Mahnung und Trauer bedeutsamen Ort seine Würde zurückzugeben. Das hätten wir ohne das Einverständnis der Erben und ohne die beeindruckende Beteiligung der Bevölkerung, die Fotomaterial lieferte, nicht schaffen können“, betonte Oberbürgermeister Jochen Partsch bei der Einweihung. „Mit der digitalen und physischen Rekonstruktion dieses Kunstwerks macht die Wissenschaftsstadt Darmstadt eine zeitgemäße Auseinandersetzung mit der Darmstädter Geschichte und dem historisch komplexen Areal, auf dem sich auch Gräber von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und Mitgliedern des Widerstands vom 20. Juli 1944 befinden, möglich. Das Ehrenmal für die vielen Toten der Darmstädter Bombennacht kann nun wieder als eindrucksvolle Mahnung gegen Faschismus und Expansionskrieg gesehen werden.“

Die liegende Figurenkomposition „Opfer“ stellt eine dreiköpfige Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kind, dar. Da keine Gussformen der Figuren vorhanden waren, konnte zunächst keine qualitativ gleichwertige Kopie angefertigt werden. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt beauftragte daher das Fraunhofer-Institut, ein 3D-Modell der Werke anzufertigen. Hierfür wurde die Bevölkerung aufgerufen, Fotos der Kunstwerke dem Fraunhofer-Institut zur Verfügung zu stellen. „Anhand hunderter Fotos wurde ein digitales Modell geschaffen, mit dem die Gießerei Noack in Berlin Gussformen herstellen konnte. Basierend auf einer Empfehlung der Kunstkommission der Wissenschaftsstadt Darmstadt wurden die Kunstwerke dann in grauem Naturbeton ausgeführt statt in Bronze, um die Rekonstruktion als solche sichtbar zu machen und auch um einem erneuten, möglichen Diebstahl vorzubeugen. Zudem wurde der Naturbeton nicht farblich getönt, sondern der Witterung überlassen, damit die Figuren sich im Laufe der Jahre der Umgebung anpassen“, führte Partsch weiter aus.

Die Kunstkommission achtete darauf, jegliche fremde künstlerische Handschrift bei dem digitalen Verfahren zu vermeiden. Es wurde eine dokumentarische statt einer künstlerischen Rekonstruktion gewählt. Die digitale Umsetzung von zweidimensionalen Fotos in eine dreidimensionale Form hat Unschärfen und Verzerrungen erzeugt, die deutlich machen, dass das Ergebnis in den Maßen und Formen zwar mit dem Original identisch ist, nicht aber in den Details.

Fritz Schwarzbeck wurde 1902 in Wicklesgreuth bei Ansbach geboren. Nach einer Ausbildung zum Bildhauer an den Kunstakademien in Düsseldorf und Frankfurt am Main zog er 1931 nach Darmstadt, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1989 lebte und arbeitete. Während der NS-Diktatur konnte er u. a. in Darmstadt und München ausstellen und erhielt mehrere Aufträge für Kunstwerke im öffentlichen Raum von Darmstadt, die teilweise heute noch zu sehen sind. Nach 1945 zählte er zu den wichtigsten Künstlern der Stadt und war umfassend im Kunst- und Kulturbereich tätig: Er leitete ab 1947 die Bildhauerklasse an der Werkkunstschule auf der Mathildenhöhe und war Lehrer von u. a. Wilhelm Loth. 1951 trat er der Darmstädter Sezession bei. 1977 erhielt er die Bronzene Verdienstplakette der Stadt Darmstadt, 1979 das Bundesverdienstkreuz.

Fritz Schwarzbeck ist in der städtischen Kunstsammlung Darmstadt mit über zwanzig Plastiken und Skulpturen vertreten. Die Figurengruppe „Opfer“ war 1958 in die Gestaltung der Begräbnis- und Gedenkstätte für die Toten der Brandnacht einbezogen worden. Auf dem kreisförmigen Feld wurden 1944/45 über zehntausend Todesopfer, vor allem jene des Angriffs vom 11./12. September 1944, bestattet. Außerdem befinden sich daneben die Ruhestätten von Zwangsarbeitern sowie Soldaten aus beiden Weltkriegen.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt

 


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