Wie sahen die Urpferde aus? Was wissen wir über sie und was bleibt Interpretation? Die neue Sonderausstellung »Die Kunst der Evolution. Urpferd gestern ∙ heute ∙ morgen« im Museum am UNESCO Weltnaturerbe Grube Messel beleuchtet anhand von Fossilfunden, Rekonstruktionen und künstlerischen Interpretationen alle Facetten der Urpferde, den bedeutenden Ikonen der Evolutionsforschung. Sie ist ein Kooperationsprojekt mit dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt.
Kaum größer als ein Terrier stehen die Urpferde an der Basis des Stammbaumes der heutigen Pferde. Sie sind das Symbol des UNESCO Weltnaturerbes Grube Messel. Einzelne Zähne der Tiere wurden bereits 1910 in den Ölschieferschichten der Fossillagerstätte gefunden. Seitdem wurden viele weitere Funde zu Tage getragen, darunter 70 Skelette mit spektakulären Erhaltungszuständen.
Die Ausstellung präsentiert noch nie gezeigte Urpferdfossilien. Ein Highlight ist ein vollständiges Skelett, welches das Hessische Landesmuseum Darmstadt erst im Sommer 2023 entdeckte und in Rekordzeit präparierte. Es handelt sich bei dem Fund um eine kleine Stute der Urpferdart Eurohippus messelensis. Doch ein Fohlen war sie nicht mehr. Davon zeugen die Zähne eines Embryos in ihrem Bauch.
„Zum ersten Mal bringen wir die Funde aus der Grube Messel, dem Eckfelder Maar und dem Geiseltal zusammen und präsentieren so eine Leistungsschau der frühen Urpferde“, berichtet Philipe Havlik, Geschäftsführer der Grube Messel gGmbH und Kurator der Ausstellung. Deutschland ist Urpferdland – nirgends auf der Welt wurden mehr Fossilien von eozänen Urpferden gefunden und noch nie wurden mehr Fossilien von Urpferden zusammen ausgestellt. Im Vergleich mit den heute lebenden modernen Pferden fällt auf, dass die Messeler Urpferde noch vier Finger und drei Zehen besaßen. Veränderungen im Körperbau über die letzten Millionen Jahre führten von den kleinen Waldbewohnern hin zu den heute auf einem Zehennagel durch Graslandschaften laufenden Pferden. „Die Evolution von keiner anderen Säugetiergruppe ist so vollständig mit Fossilien belegt, wie die der Urpferde. Nicht zuletzt deshalb sind sie seit einem Jahrhundert die Ikonen der Evolutionsforschung“, erklärt Dr. Lukardis Wencker, Kuratorin der Ausstellung.
„Die Funde aus Messel können uns dabei helfen, zu verstehen wie Tiere und Pflanzen mit hohen Temperaturen und einem hohen CO2-Gehalt zurechtgekommen sind“, erklärt Prof. Torsten Wappler, Abteilungsleiter der Naturgeschichte im Hessischen Landesmuseum Darmstadt. So untersuchten auch zahlreiche Forschungsprojekte die 48 Millionen Jahre alten Urpferdchen aus der Grube Messel. Auskunft zur Ökologie dieser Tiere geben Traubenkerne und Blattreste im Magen von Skeletten. Die ursprüngliche Körpergestalt und die Bewegungsabläufe wurden in einer Zusammenarbeit zwischen Prof. Dr. Dr. h. c. Martin S. Fischer von der Friedrich-Schiller-Universität in Jena und den beiden Hamburger Illustratoren Amir Andikfar und Jonas Lauströer rekonstruiert und animiert. Aber noch längst nicht alle Geheimnisse der kleinen Pferdchen sind bekannt.
„Die Sonderausstellung vereint auf eindrucksvolle Weise wissenschaftliche Expertise und künstlerische Ausdrucksform“, so Christoph Degen, Staatssekretär im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur. „Anhand des Urpferdes, einem Protagonisten und Sympathieträger des Eozäns, verschafft sie uns Zugang zu einem 48 Millionen Jahre alten Ökosystem. Dieses Zeitfenster in die Vergangenheit macht die Grube Messel so einzigartig – und als UNESCO-Welterbe zu einem Ort mit unschätzbarem Wert für die Menschheit.“ Wie geht es weiter? In welche Richtung könnten sich die Pferde entwickeln? Die Künstlerin Elisa Jule Braun wagt das Gedankenexperiment und präsentiert uns in der experimentellen Kurzdokumentation »HIPPOSPIRULINA LIBICA« ihr Zukunftspferd.
»Die Kunst der Evolution« nimmt die Besuchenden mit auf eine spannende Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Pferde!
Ein Rahmenprogramm mit Führungen und partizipativen Aktionen für Kinder und Erwachsene ergänzen die Ausstellung rund um das berühmte Wappentier der Grube Messel.
Neue Sonderausstellung »Die Kunst der Evolution. Urpferd gestern ∙ heute ∙ morgen«, vom 22. März 2024 bis zum 12. Januar 2025 im Museum am UNESCO Weltnaturerbe Grube Messel, Roßdörfer Straße 108, 64409 Messel.
Eintritt für den gesamten Ausstellungsbereich inkl. der Sonderausstellung: 10 Euro, ermäßigt 8 Euro, Kinder bis 7 Jahre frei. Grubenführungen: ab 7 Euro, Kinder bis 7 Jahre frei.
Die Grube kann ausschließlich im Rahmen von geführten Touren betreten werden. Hierbei muss aus bergrechtlichen Gründen festes und flaches Schuhwerk (z.B. Wander- oder Turnschuhe) getragen werden.
Öffnungszeiten: 15.03. – 15.11.: Mo – So 10 – 17 Uhr und 16.11. – 14.03.: Mi – So 10 – 17 Uhr (ausgenommen 24. – 26.12. und 31.12. – 01.01.) www.grube-messel.de
Foto: Havlik, WGM
Quelle: Welterbe Grube Messel gGmbH