Umweltdezernentin Akdeniz bei Diesel-Gespräch in Berlin

Teilen

AutosAuf Einladung des Bundesverkehrsministers Christian Schmidt (CSU) hat Barbara Akdeniz, Umweltdezernentin der Wissenschaftsstadt Darmstadt, am Mittwochnachmittag, 7. Februar 2018, in Berlin an einem Gespräch über das „Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020 teilgenommen. Akdeniz vertrat dort Oberbürgermeister Jochen Partsch. Der Einladung zufolge sollten Vertreter solcher Kommunen, deren Bürgerinnen und Bürger unter besonders hohen Stickoxid-Belastungen leiden, Maßnahmen zur Luftreinhaltung diskutieren, „die wir“, so Schmidt, „kurzfristig auf den Weg bringen und die eine schnelle Wirkung erzeugen“.

Die Bilanz des Gesprächs fällt aus Akdeniz‘ Sicht jedoch ernüchternd aus. Das sogenannte Sofortprogramm des Bundes „Saubere Luft 2017-2020“ bestehe weitgehend aus Förderprogrammen, die ohnehin bereits zur Verfügung standen und lediglich finanziell aufgestockt werden, „wobei der Bund den Löwenanteil von 750 Millionen Euro zuschießt, also Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger verwendet, während die von der  Autoindustrie zugesagten 250 Millionen Euro noch in erheblicher Menge fehlen“. Akdeniz: „Es wurde von mir und vielen anderen Verantwortlichen aus den Kommunen deutlich gemacht, dass die Automobilindustrie als Verursacherin der Problemlage viel mehr in die Verantwortung genommen werden muss. Der Druck, der auf EU-Ebene zu Recht gegenüber der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut wird, muss an die Automobilindustrie weitergegeben werden und nicht an die Kommunen. Wir leisten seit Jahren relevante Beiträge durch zahlreiche Maßnahmen, die in Luftreinhalteplänen zusammengefasst werden. Faktisch sind es zu über sechzig Prozent die Diesel-Pkw, die für die größte Menge an Stickoxidemissionen in unserer Stadt verantwortlich sind. Da reicht als Kurzfristmaßnahme ein Software-Update, das laut Bundesverkehrsministerium die Emissionen im Schnitt um höchstens zwanzig bis dreißig Prozent verringern könnte, nicht aus. Es müssen technisch wirksame Lösungen wie die Umrüstung von Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen her, die von den Verursachern – also der Kraftfahrzeugindustrie –  zu finanzieren sind“, fordert Akdeniz. Die Kommunen müssten finanziell und logistisch bei der Bewältigung der Aufgabe unterstützt werden. Die Förderung sollte unbürokratisch und einfach sein – „stattdessen haben wir es mit elf unterschiedlichen Förderrichtlinien zu tun. Schnelle Effekte sind damit nicht zu erzielen.“

Die vermeintlich hohe Fördersumme vermittele den Eindruck, es könne gleich und sofort mit den Mitteln aus dem Dieselfonds für saubere Luft gesorgt werden – auf die Frage, wie die Kommunen, zumal im stark betroffenen Rhein-Main-Gebiet, dies mit umsetzen sollen, gebe es aus dem Bundesministerium keine praktikablen Antworten. „Von den Kommunen wird vielmehr verlangt, mit Projektkosten und vor allem Personal in Vorleistung zu treten“, sagt Akdeniz. „Das EU-Vergaberecht sowie Kumulierungsverbote tragen dazu bei, dass nicht nur der Bund Steuergelder zur Behebung der durch die Industrie verursachten Luftverschmutzung ausgibt, sondern dass auch die Kommunen je nach Förderrichtlinie zwischen zehn und sechzig Prozent Eigenanteil einbringen müssen. Da ist selbst die beim Bund eingerichtet Lotsenstelle keine wirkliche Unterstützung, auch wenn sie sich erheblich bemüht.“

„In einem Punkt waren sich alle einig: Es sollen Fahrverbote vermieden werden“, berichtet Akdeniz. „Mit den nun vorliegenden Erkenntnissen könnte das schwierig werden. Der Bund hat bis Freitag an den EU-Kommissar glaubhafte Maßnahmen zu melden. Am 22. Februar 2018 wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erstmals über Dieselfahrverbote entscheiden. Aus meiner Sicht können wir kurzfristig nur durch eine deutliche Reduzierung des Lkw- und Pkw-Verkehrs in unseren Städten für saubere Luft sorgen, also mit einer auf allen Ebenen strategisch geförderten Verkehrswende, wozu ein komfortabler öffentlicher Nahverkehr und Vorfahrt für Radfahrer gehören. Und ebenso wichtig sind Pkws mit reell gemessenen, reduzierten und nicht gefälschten Abgaswerten. Dafür – das betone ich nochmals – muss die Autoindustrie in die Pflicht genommen werden, vorhandene Technologien unverzüglich umzusetzen und weiterzuentwickeln.“

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


Teilen