Anmeldung des Ensembles Mathildenhöhe zum Weltkulturerbe wird geprüft

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Mathildenhöhe DarmstadtDie Stadtverordnetenversammlung der Wissenschaftsstadt Darmstadt beschloss am 29. Januar 2008 die Erarbeitung einer Gesamtkonzeption zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der Mathildenhöhe; der Koordinator Mathildenhöhe, Nikolaus Heiss, hat nun eine Rahmenkonzeption auf der Basis einer Bestandsaufnahme sämtlicher Gebäude, Kunstwerke und Gärten der Mathildenhöhe erarbeitet und dem Magistrat der Stadt vorgestellt. Mit dieser Rahmenkonzeption verbunden sind die weitere Prüfung einer Anmeldung der Künstlerkolonie zum Weltkulturerbe, Vorschläge zur besseren Einbindung des Ensembles in das Gefüge der Stadt und die Vorbereitung eines internationalen Wettbewerbs zur Gestaltung des Osthanges der Mathildenhöhe. Der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt stimmte in seiner Sitzung am Mittwoch (15.07.09) der Rahmenkonzeption zu.  „Die Wissenschaftsstadt Darmstadt verpflichtet sich mit den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung und des Magistrats, die Erhaltung, Pflege, Sanierung, bauliche Ergänzung und städtebaulich-architektonische Weiterentwicklung der Künstlerkolonie voranzutreiben. Alle Kräfte, die dazu beitragen können, werden gebündelt und in eine Gesamtkonzeption eingebunden. Die Mathildenhöhe mit ihren Ausstellungen, Museen, Führungen, Festen und Veranstaltungen ist ein lebendiger kultureller Mittelpunkt im Herzen Darmstadts. Diese Eigenschaft ist zu erhalten und zu stärken“, erläuterte Darmstadts Kulturdezernent, Oberbürgermeister Walter Hoffmann.

Wichtige Grundlage der Rahmenkonzeption sei die umfassende Bestandsaufnahme sämtlicher die Mathildenhöhe prägender Objekte, ergänzte der für den Denkmalschutz zuständige Stadtrat Klaus Feuchtinger: „Aus dieser Dokumentation wird das Programm der notwendigen Erhaltungs-, Pflege- und Sanierungsmaßnahmen für die nächsten Jahre entwickelt.“ Gleichzeitig sei die Bestandsaufnahme eine wichtige Grundlage eines möglichen Weltkulturerbeantrags: „Hierfür ist außerdem die kunst- und architekturhistorisch universelle Bedeutung der Reformarchitektur in der Region mit dem Zentrum Mathildenhöhe durch international anerkannte Wissenschaftler nachzuweisen“, so Feuchtinger weiter.

Die Rahmenkonzeption des Magistrats sieht vor, die städtebauliche Entwicklung der Künstlerkolonie über eine Bauleitplanung zu steuern und die Mathildenhöhe besser in das Gefüge der Stadt einzubinden: „Die Zugänge zur Mathildenhöhe sollten klarer definiert werden. Aber auch die Verbindung zum Schloss und zur Innenstadt muss verbessert werden, die östliche Verknüpfung über den Olbrichweg zur Rosenhöhe sollte gestärkt werden. Vor allem die stärkere Vernetzung mit dem Jugendstilbad und den angrenzenden Stadtgebieten ist erstrebenswert“, erläuterte Nikolaus Heiss.
Die städtebaulichen und architektonischen Entwicklungsmöglichkeiten östlich und nördlich des Ausstellungsgebäudes sollten – so der Vorschlag des Koordinators Mathildenhöhe – in einem internationalen Wettbewerb untersucht werden. Oberbürgermeister Walter Hoffmann unterstützte diese Idee: „Hier hat Darmstadt die einmalige Chance, an die Ideen der ersten Ausstellungen anzuknüpfen. Hier können die Themen Wohnen, Lernen, Arbeiten, Freizeit und Kunst aus heutiger Sicht interpretiert werden, sie können Gestalt annehmen und so die Reformbewegung des Jugendstils für unsere Zeit aktualisieren“.

Die Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe mit der hauptsächlich von Joseph Maria Olbrich, Peter Behrens und Albin Müller geschaffenen Architektur, mit ihren Gartenanlagen und der Vielzahl künstlerisch gestalteter Objekte gilt als eine der schönsten Jugendstilanlagen Deutschlands. Das zwischen 1901 und 1914 in vier Ausstellungen entstandene Ensemble ist von hoher bau- und kunstgeschichtlicher Bedeutung: Darmstadt rückte in den Fokus der Reformbewegung der Jahrhundertwende, von der Künstlerkolonie gingen entscheidende Impulse für die Entwicklung der Architektur des 20. Jahrhunderts in Deutschland aus. Die Architektur der Künstlerkolonie unterscheidet sich wesentlich von der ornamental dekorierten Baukunst, die sich in den meisten anderen europäischen Zentren des Jugendstils findet. Eines ihrer Hauptmerkmale ist eine neue, vor allem von Olbrich angewandte Auffassung des Gebäudeentwurfs, die ihren Schwerpunkt zunächst in der Stimmigkeit der inneren Funktion hat; die äußere Hülle entwickelt sich aus ihr und spiegelt sie wider. Das Darmstädter Experiment, unter künstlerischen Aspekten ganzheitliche Modelle modernen Lebens vorzuführen, gab Impulse zu Reformen in Architektur, Gartenkunst, Innendekoration und Kunsthandwerk. Im Ensemble Mathildenhöhe wird die Debatte um materialgerechtes Bauen, die wegweisend für die Architektur des Funktionalismus im 20. Jahrhundert war, schon angedeutet.

„Unter allen diesen Aspekten ist das Gesamtkunstwerk Mathildenhöhe einmalig auf der Welt und nimmt durch die Verbindung von Lebensreformbewegung und Architekturgeschichte eine Sonderstellung ein“, erklärten Oberbürgermeister Walter Hoffmann und Stadtrat Klaus Feuchtinger übereinstimmend.

Quelle: Darmstadt – Pressestelle – Pressedienst


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