DRK Darmstadt: Eine Schatzkiste für Eltern, Kinder zu fördern und sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden

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HIPPY (Home Interaction for Preschool Youngsters) ist eine Schatzkiste für Eltern, Kinder zu fördern und sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden. Das Familienbildungsprogramm beim DRK-Kreisverband Darmstadt-Stadt e. V. (DRK Darmstadt) leistet seit 20 Jahren wertvolle, erfolgreiche Bildungsarbeit. Es richtet sich an Familien mit Kindern zwischen vier und sechs Jahren, insbesondere an Familien mit Flucht- und Migrationshintergrund. Das 20-jährige Jubiläum wurde nun mit Ehrengästen festlich gewürdigt.

„HIPPY ist ein wichtiges Programm für die Förderung des Spracherwerbs. In Darmstadt haben in den vergangenen 20 Jahren 1.056 Familien aus über 40 Nationen erfolgreich und mit viel Freude daran teilgenommen“, sagte Dr. Martin Hostalek, Präsident des DRK Darmstadt, bei seiner Begrüßung. Bürgermeisterin Barbara Akdeniz hob in ihrem Grußwort hervor, dass das DRK Darmstadt mit HIPPY wichtige Impulse gegeben hat: „Damals ist das DRK ganz neue Wege gegangen. Heute hat das Programm auch politische Bedeutung gewonnen. Es ist ein wichtiger Baustein für mehr Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.“ Eltern erhielten durch das Familienbildungsprogramm für bestimmte Zeit eine Unterstützung, in der die Weichen für die Entwicklung der Kinder gestellt werden. „HIPPY startete als Pilotprojekt mit Fördermitteln aus der Lotterie. Danach wurde es in reduzierter Form mit Eigenmitteln finanziert. Erst durch die Unterstützung von der Wissenschaftsstadt Darmstadt und der Rike und Rainhold Pohl Stiftung konnte sich das Programm in vollem Umfang erfolgreich etablieren“, dankte DRK-Geschäftsführer Jürgen Frohnert den Förderern. Heute sei HIPPY notwendiger denn je und es stelle sich die Frage, warum so ein erfolgreiches Programm nicht in die Regelförderung des Landes überführt werde? Yan Temminghof, Referent Kinder, Jugend und Familie des DRK-Landesverbands Hessen e. V. führte durch das Programm. Er verlas die übermittelten Grußworte von Peter Weber, Geschäftsführer von IMPULS Deutschland Stiftung e. V. Dieser habe damals das internationale Familienbildungsprogramm in Israel kennengelernt, wo HIPPY ursprünglich entwickelt wurde. Peter Weber sieht nicht mehr nur die Politik in der Verantwortung, Bildungsprogramme wie HIPPY zu fördern. Vielmehr sollten sich auch Unternehmen der Förderung annehmen, denn schließlich würden aus den Kindern später womöglich deren Mitarbeiter werden.

2022 bislang 31.285 Asylanträge für Kinder unter vier Jahren

HIPPY trägt zur gesellschaftlichen Inklusion von Familien mit Flucht- und Migrationserfahrung bei. Zu diesem Ergebnis kommt Prof. Dr. Annette Korntheuer. Die Sozialwissenschaftlerin der Katholischen Universität Eichstätt Ingolstadt berichtete über ihre Studie, in der sie Familienbildung im Kontext von Fluchtmigration untersucht hat. Darin wurden 68 Standorte in Deutschland analysiert, an denen unter anderem das Familienbildungsprogramm HIPPY angeboten wird. Seit dem Sommer der Migration 2015, aber auch durch den Ukrainekrieg sei die Anzahl der Familien mit Fluchthintergrund stark gestiegen, die an HIPPY teilnehmen. Insbesondere die Zahl der Familien aus Syrien haben sich seit dieser Zeit verdreifacht. Mit Blick auf die Zahlen der asylsuchenden Kinder im HIPPY-Teilnahme-Alter gewinnt das Familienbildungsprogramm zusätzlich an Bedeutung. Bis Oktober 2022, so das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – BAMF, wurden 31.285 Asylanträge für Kinder unter vier Jahren und 4.854 Asylanträge für Kinder von vier bis sechs Jahren gestellt.

HIPPY ist mitunter der einzige Zugang zur Mehrheitsgesellschaft

HIPPY sei mitunter der einzige Zugang zur Mehrheitsgesellschaft, so Prof. Dr. Annette Korntheuer weiter. Denn sehr oft stünde für Familien mit Flucht- oder Migrationserfahrung kein Platz in Kindertagesstätten zur Verfügung. Das hätte zur Folge, dass Mütter keine Sprachkurse wahrnehmen könnten, weil Betreuungsplätze für ihre Kinder fehlten. In ländlichen Regionen komme die fehlende Mobilität hinzu. Umso wichtiger sei das niedrigschwellige Konzept des Bildungsprogramms, bei dem Hausbesuche und insbesondere Hausbesucherinnen eine wesentliche Rolle spielen. Die Hausbesucherinnen, die im Idealfall aus dem gleichen Kulturkreis stammen wie die teilnehmenden Familien, bauen Vertrauen auf und tragen zur emotionalen Stabilisierung bei. Indem bei Hausbesuchen die Familiensprache gesprochen werden könne, würden Kommunikationsbarrieren abgebaut. Dadurch sei vertrauensvolle Familienarbeit und die Förderung von Reflexion der Geschlechterrollen möglich. Grundsätzlich wollen die an HIPPY teilnehmenden Familien, dass ihre Kinder in Bildung kommen und bessere Zukunftschancen haben.

Das Familienbildungsprogramm stärkt Eltern gleichermaßen wie Kinder. Das bestätigten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der auf den Vortrag folgenden Gesprächsrunde: Cornelia Schmidt-Shaban von der Kindertagesstätte Rasp-Nuri-Haus berichtete, dass manche Familien durch HIPPY erst lernten, mit einem Buch umzugehen, weil sie zuvor noch nie eines besessen hätten. Dr. med. Benjamin Groß, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, empfiehlt die Teilnahme an HIPPY jeweils Familien, deren Kinder Unterstützung beim Zweitspracherwerb benötigen, sofern der Familienspracherwerb gut ist. Zeige ein Kind Auffälligkeiten bereits beim Familienspracherwerb, sei die logopädische Förderung notwendig. Hier die Unterschiede zu ermitteln erfordere es ärztliches Fingerspitzengefühl. Alle Familien aber, die an HIPPY teilgenommen haben, wären darüber begeistert. Vor allem die Frauen wuchsen in ihrem Selbstvertrauen. Zahra Atai, ehemalige HIPPY-Teilnehmerin und Hausbesucherin, bezeichnete HIPPY als Schatzkiste für Eltern, die pädagogisch wertvolle Hilfen an die Hand bekämen, um ihre Kinder selbst zu fördern.

Quelle: DRK-Kreisverband Darmstadt-Stadt e.V.


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