Unternehmen im Dauerstress

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Die Konjunkturumfrage der IHK Darmstadt im Frühsommer 2022 zeigt: Noch laufen die Geschäfte gut. Beim Blick in die Zukunft überwiegt aber der Pessimismus. Ein fast erdrückendes Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind die Energie- und Rohstoffpreise.

Die Industrie zeigt sich noch kraftvoll, verzeichnet aber einen Dämpfer bei den Auftragseingängen. Lieferengpässe und sprunghaft gestiegene Energiepreise stellen die Industrie vor Probleme. Den Dienstleistern geht es gut, während der Einzelhandel registriert, dass sich Kunden zurückhalten. Für alle Wirtschaftszweige gilt: Beim Blick in die Zukunft überwiegt der Pessimismus. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar, für die sie rund 900 Unternehmen aus der Region befragt hat.

Geschäftsklimaindex gibt nach

„Noch geht es der Wirtschaft unserer Region gut, aber die Unternehmen haben zunehmend Gegenwind“, fasst IHK-Präsident Matthias Martiné den Konjunkturbericht zusammen. „Lieferkettenprobleme, Ukrainekrieg, Preisexplosion bei Energie und das Wiederaufflammen von Corona in China machen es den Unternehmen schwer. Der Stresslevel ist enorm“. Gegenüber Jahresbeginn 2022 verliert der IHK-Geschäftsklimaindex elf Punkte. Er beträgt jetzt 98 Punkte und liegt damit unter der Wachstumsschwelle von 100.

Aktuell beurteilen 33 Prozent aller Unternehmen in Südhessen ihre Lage als gut, 50 Prozent als befriedigend, 17 Prozent als schlecht. Gegenüber Jahresbeginn gibt der Saldo aus zufriedenen und unzufriedenen Unternehmen einen Punkt ab, er liegt jetzt bei plus 16 Prozentpunkten. Pessimistisch äußern sich die südhessischen Unternehmen über die kommenden Monate. Nur 16 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Situation, 51 Prozent sind davon überzeugt, dass sie ihr Niveau halten können. 33 Prozent sind dagegen skeptisch. „Gegenüber Jahresbeginn hat sich die Zahl der pessimistischen Unternehmen verdoppelt“, betont Martiné. Damit beträgt der Erwartungssaldo minus 17 Prozentpunkte, gegenüber der Vorumfrage gibt er 19 Punkte ab. Allerdings sind Lage und Stimmung noch deutlich besser als nach Ausbruch der Finanzmarktkrise oder der Corona-Pandemie.

Investitionen rückläufig

Von der Investitionsfreude, die zu Jahresbeginn noch zu sehen war, ist allerdings nicht mehr viel übrig. Vor allem die Industrie wollte zu Jahresbeginn noch durchstarten. „Coronakrise, Energiepreisschock, Lieferkettenprobleme, Ukrainekrieg, jetzt wieder Corona in China. Bei dieser Gemengelage wundert es nicht, dass viele Unternehmerinnen und Unternehmer bei Investitionen erstmal zurückhaltend sind“, sagt Martiné.

Das schlägt sich auch in der Beurteilung der Exportaussichten nieder. Der Saldo der Exporterwartungen beträgt minus 34 Prozentpunkte. Das ist der schlechteste Wert seit Ausbruch der Coronapandemie vor zwei Jahren.

Energiepreise größtes Risiko

Wie schon zu Jahresbeginn nennen die Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für die weitere Entwicklung. Aktuell teilen drei von vier Unternehmen diese Auffassung, zu Jahresbeginn waren es zwei von drei. Viele Unternehmen können die gestiegenen Preise nicht oder nur teilweise überwälzen, hebt Robert Lippmann, Hauptgeschäftsführer der IHK Darmstadt, hervor. Diese Unternehmen brauchen Entlastung. „Das frühe Ende der EEG-Umlage und die Absenkung der Stromsteuer sind Schritte in die richtige Richtung.“

Mit Sorge erfüllen die IHK-Spitze Vorschläge zur Einführung eines Preisdeckels für Energie: „Preisdeckel haben in einer Marktwirtschaft nichts verloren. Das suggeriert dem Nachfrager, dass er Energie nicht sparen muss. Der Anreiz, das Verhalten zu ändern und nach Alternativen zu suchen, ist dementsprechend gering.“ Wenn man soziale Härten wegen zu hoher Energiepreise vermeiden will, sollte man auf Energiezuschüsse setzen, so wie die Bundesregierung dies auch tue, so Lippmann weiter.

Bereits jetzt müsse die Zeit genutzt werden, um möglichst viel Gas durch Marktsignale einzusparen – das gälte für gewerbliche wie private Kunden. Ziel müsse sein, dass es nicht zur dritten Phase des Gas-Notfallplans kommt. In dieser Phase würde Erdgas rationiert werden, die Bundesnetzagentur übernähme dann die Verteilung des Gases. Nicht geschützte Industriekunden könnte die Behörde abschalten. „Das wäre der Worst Case, den sich niemand vorstellen möchte. Er würde unsere Wirtschaft lahmlegen“.

Der vollständige Konjunkturbericht Frühsommer der IHK Darmstadt steht im Internet unter www.darmstadt.ihk.de.

Quelle: Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar


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