Verwaltungsgericht Wiesbaden vertagt Urteil zum Luftreinhalteplan für Darmstadt

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AutosDas Verwaltungsgericht Wiesbaden hat am Mittwoch (21. November 2018) kein Urteil im Verfahren der Deutschen Umwelthilfe und des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) sowie anderer gegen das Land Hessen zum „Luftreinhalteplan für den Ballungsraum Rhein-Main Gebiet, dritte Fortschreibung, Teilplan Darmstadt“ gefällt. Stattdessen soll es erneute Beratungen zwischen Kläger und dem beklagten Land Hessen geben, um dann am 19. Dezember 2018 das weitere Verfahren festzulegen.

„Wir werden selbstverständlich als unmittelbar betroffene Stadt an diesen Gesprächen teilnehmen. Alles andere wäre der Bürgerschaft nicht zu vermitteln und auch der sachgerechten Beurteilung der Problematik vor Ort nicht angemessen. Gerade die im, Moment nur mündlich bekannten Diskussionen zur Problematik der Einbahnstraßenregelung Heinrichstraße die vom Land gegen den Willen der Stadt ins Spiel gebracht worden ist und auch die Ablehnung der Tempo 30 Zone Heinrichstraße durch das Land sowie das falsche Signal an der Hügelstraße bei Fahrverboten auch nachgerüsteter Euro 4 und Euro 5 Diesel-Pkw zu sperren, zeigen, dass dieser Strategie des Landes weder das Gericht noch die Deutsche Umwelthilfe umfänglich gefolgt sind. Genau davor hatte die Wissenschaftsstadt Darmstadt im Vorfeld gewarnt“, so Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch und Darmstadts Umweltdezernentin Barbara Akdeniz.

„Das Gericht ist den Argumenten der Wissenschaftsstadt Darmstadt teilweise gefolgt. Offenkundig sind vom Gericht insbesondere die mittel- und die langfristigen Anstrengungen Darmstadts zur Luftreinhaltung ebenso wie zu einer zukunftsfähigen urbanen Mobilität, wie sie im Green City Plan vorleget worden sind gewürdigt worden. Erschwerend ist es für uns, dass das Land Hessen und die Stadt Darmstadt mit einer nicht übereinstimmenden Prozess- und Verhandlungsstrategie zu wenig Überzeugungskraft entwickelt haben. Festzuhalten bleibt, dass wir seit über drei Jahren mit unzureichenden Konsequenzen der Bundespolitik gegenüber der Automobilindustrie zu kämpfen haben. Dies geht zu Lasten der Gesundheit und der Mobilität der Bürgerinnen und Bürger sowie auf Kosten der Städte. Wir arbeiten weiter für urbane Mobilität und Gesundheitsschutz“, erklärte Oberbürgermeister Jochen Partsch zur Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtes Wiesbaden.

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt wird sich nun erneut an die zuständigen Ministerien wenden, um eine angemessene Beteiligung der Stadt zu erreichen. „Die Gesundheit der Darmstädter Bürgerinnen und Bürger genießt höchste Priorität bei den Entscheidungen des Darmstädter Magistrats und der Stadtverwaltung. Dies war bisher schon so, und dies ist auch weiterhin Leitlinie unseres Handelns“, sagte Partsch. Oberbürgermeister Partsch und Umweltdezernentin Barbara Akdeniz verwiesen in diesem Zusammenhang auf die umfangreichen und wirksamen Maßnahmen der Wissenschaftsstadt Darmstadt zum Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürgern vor den Belastungen durch die Emissionen des Verkehrs, die bereits getroffen worden, in Planung sind oder kurz vor der Umsetzung stehen.

Diese in den vergangenen Jahren ergriffenen Maßnahmen, welche sich unter anderem im höchsten Radverkehrsanteil in ganz Hessen niederschlagen, haben an der amtlichen Messstation in der Hügelstraße bereits deutlich ihre Wirkung entfaltet. So lag der Jahresmittelwert (JMW) für Stickstoffdioxid (NO2) 2015 noch bei über 60 Mikrogramm pro Kubikmeter (μg/m³), 2016 ist der JMW bereits auf 55,5 μg/m³ NO2 gesunden. 2017 lag der JMW bereits bei 52,3 µg/m³ NO,2 und 2018 wird ein Jahresmittelwert unter 50 µg/m³ NO2 erreicht.

Neben dem bestehenden Luftreinhalteplan sowie effektiven Sofortmaßnahmen speziell für die besonders betroffenen Straßenabschnitte wurde mit dem in diesem Sommer verabschiedeten Green-City-Plan ein weitreichendes Gesamtkonzept wirksamer Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der Stickstoffdioxidgrenzwerte aufgestellt. Die im Green-City-Plan hinterlegten Maßnahmen werden mit dem Ziel einer nachhaltigen urbanen Mobilität und der dauerhaften Unterschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid sukzessive umgesetzt.

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hat hierfür beim Bund im Rahmen des Softortprogramms „Saubere Luft 2017-2020“ zahlreiche umfangreiche Förderanträge gestellt. Insgesamt beträgt das Volumen der durch die Wissenschaftsstadt Darmstadt und die Heag mobilo beantragten Förder-projekte über 23 Millionen Euro. Durch diese Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des ÖPNV, zur Digitalisierung, der intelligenten Vernetzung der Verkehrsleitzentralen, der E-Mobilität und in vielen weiteren Bereichen ist nach Überzeugung des Magistrats die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid an der amtlichen Messstation Hügelstraße ab 2020 möglich.

„Im Umfang, der Anzahl und der innovativen Art der beantragten Förderprogramme und der positiven Entwicklung der Messwerte an der amtlichen Messstation in den letzten Jahre zeigt sich, dass Darmstadt mit ganzer Kraft daran arbeitet die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in der Außenluft so rasch wie möglich einzuhalten“, erklärte Akdeniz. „Ganz unabhängig von den nun verhandelten Sachverhalten sehen wir uns auf einem erfolgreichen Weg, die heute geltenden Grenzwerte in absehbarer Zeit deutlich zu unterschreiten. Unser übergeordnetes Ziel ist die nachhaltige Verkehrswende, weg vom motorisierten Individualverkehr und hin zur Mobilität im Umweltverbund“.

„Zu den genannten Maßnahmen des Green-City Plans gehören auch die Schritte der Heag mobilo, die bis 2021 28 Elektrobusse in Betrieb nehmen und bis 2025 ihren kompletten Fuhrpark auf Elektrobusse umstellen wird. Darüber hinaus muss auch das vom Magistrat beschlossene Radinfrastrukturprogramm ,4×4‘ erwähnt werden, mit dem wir in den nächsten vier Jahren insgesamt 16 Millionen Euro in den Radverkehr investieren werden“, so Oberbürgermeister Partsch.

Für die Bewertung der bereits ergriffenen und der geplanten Maßnahmen können nach Auffassung der Wissenschaftsstadt Darmstadt nur die Messwerte der amtlichen Messstation in der Hügelstraße maßgeblich sein, da diese nicht nur eine entsprechend weit zurückreichende Datenreihe bietet, sondern auch nur ausschließlich dort die Ermittlung von Stundengrenzwertüberschreitungen möglich ist.

Die Anzahl der Stundengrenzwertüberschreitungen an der amtlichen Messstation Hügelstraße hat sich in den vergangenen Jahren dank der zahlreichen Maßnahmen zur Luftreinhaltung ebenfalls sehr positiv entwickelt. So wurden 2015 noch 57 Überschreitungen, 2016 insgesamt 28 Überschreitungen, 2017 nur noch sechs Überschreitungen und 2018 lediglich drei Überschreitungen (Stand 31.Oktober) festgestellt. Zulässig sind bis zu 18 Überschreitungen pro Jahr.

„Deshalb bleiben wir bei dem, was wir auch vor Gericht bekräftigt haben“, erklärten Oberbürgermeister Partsch und Umweltdezernentin Akdeniz: „Bei der Ermittlung der Stickstoffdioxidwerte an der Hügelstraße kann nur die amtliche Messstation maßgeblich sein, da nur diese sämtlichen Anforderungen entspricht, um verlässliche Werte zu ermitteln. Der dem Umweltbundesamt vom Land Hessen erst im September nachgemeldete Passivsammler ist dazu ungeeignet und weder repräsentativ für die Stadt Darmstadt noch für die Hügelstraße selbst.“ Dies gelte zumal vor dem Hintergrund, dass sich die für Darmstadt berechneten und gemessenen Grenzwertüberschreitungen auf lediglich zwei eng begrenzbare Straßenabschnitte besonders belasteter Straßen beschränken. „Die dort ermittelten Stickoxidwerte geben also keineswegs Auskunft über die Qualität der Atemluft in Darmstadt insgesamt“, betonte Oberbürgermeister Jochen Partsch. „Jede verkehrsbezogene Maßnahme muss sich daher stets an zwei Kriterien messen lassen – ihrer Wirksamkeit und ihrer Angemessenheit. Die grundsätzliche Fragestellung der Relevanz der Passivsammler muss an dieser Stelle in der Hügelstraße erneut überprüft werden.“

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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