Magistrat beschließt Beitritt zur „Städteinitiative Tempo 30“

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30 km/hDer Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat in seiner Sitzung am Mittwoch (18.08.21) den Beitritt der Stadt zur ‚Städteinitiative Tempo 30‘ beschlossen. Die Initiative gründete sich im Umfeld des Deutschen Städtetags und kritisiert, von diesem unterstützt, explizit, dass Kommunen nach wie vor nicht die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wann und wo Verkehrsgeschwindigkeiten angepasst und ortsbezogen angeordnet werden können. Die Initiative zielt darauf ab, die zulässige Höchstgeschwindigkeit überall über die zuständigen Straßenverkehrsbehörden so anordnen zu können, wie es unter Abwägung aller relevanten umwelt-, verkehrs- und städtebaubezogenen Belange angemessen ist. Dabei spricht sie auch die Möglichkeit von Modellversuchen in einer Gruppe von Großstädten an – eine Maßnahme, an welcher der Darmstädter Magistrat ausdrücklich sein Interesse bekundet. Festgehalten sind die Forderungen der Städte, die sich insbesondere an eine nächste Bundesregierung – aber auch über diese hinaus – richten, in einer gemeinsamen Erklärung, die von den zuständigen Mobilitätsdezernentinnen und Mobilitätsdezernenten unterzeichnet wird.

„Grundsätzlich ist die Ausweitung und Weiterentwicklung von Tempo 30-Bereichen, wo dies möglich und sinnvoll ist auch auf Hauptverkehrsstraßen, ein wichtiges Ziel des Magistrats und Teil unserer Mobilitätsstrategie“, erläutern Oberbürgermeister Jochen Partsch und Mobilitäts- und Umweltdezernent Michael Kolmer. „Durch die auf diese Weise erzielte Geschwindigkeitsreduktion ergeben sich vielfältige und umfassende positive Auswirkungen unter anderem in den Bereichen Lärmentlastung, Luftreinhaltung, Aufenthaltsqualität und städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten sowie Verkehrssicherheit. Nicht zuletzt ermöglicht sie im Sinne der ökologischen Mobilitätswende eine gerechtere Aufteilung der zur Verfügung stehenden Verkehrsflächen und Umverteilung zugunsten der Mobilitätsträger des Umweltverbundes sowie einen verbesserten Verkehrsfluss für den motorisierten Individualverkehr (MIV) selbst. In Summe ist Tempo 30 ein Beitrag für mehr Lebensqualität in Darmstadt. Daher hatte sich der Magistrat in der Vergangenheit bereits beim Bund um die Zustimmung für einen Modellversuch zur flächendeckenden Erprobung von Tempo 30 bemüht, leider bisher mit abschlägigem Ergebnis“, so Partsch und Kolmer.

Zahlreiche deutsche Großstädte beurteilen die Situation ähnlich wie der Darmstädter Magistrat und befinden sich in einer identischen Situation, was die regulatorischen und organisatorischen Hindernisse auf Bundesebene anbetrifft. Für die Einführung von Tempo 30 steckt die Straßenverkehrsordnung nach wie vor gerade im Bereich von Hauptverkehrsstraßen einen sehr engen Rahmen. In der östlichen Hügelstraße sowie im Wilhelminentunnel gilt das Tempolimit von 30 km/h aus Gründen der Verkehrssicherheit bzw. der Verbesserung des Verkehrsflusses und der damit einhergehenden Minderung der Immissionsbelastung durch Stickoxide. Weiterhin können hierdurch aus Sicht der Luftreinhaltung ungünstige Beschleunigungsvorgänge im Steigungsbereich des östlichen Tunnelausgangs vermieden werden. Dies wurde im Rahmen des Luftreinhalteplans umgesetzt. Die Einrichtung der Geschwindigkeitsreduktion auf der Kirchstraße zwischen der Hügelstraße und der Großen Bachgasse erfolgte aus Lärmschutzgründen; ebenso in der Kasinostraße.

„Wir wollen, dass künftig die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten durch die jeweiligen Kommunen unter Abwägung der Belange in Hinblick auf Verkehrssicherheit, Emissionen wie Lärm und Luft, Verbesserung der Lebensqualität im öffentlichen Raum und Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmenden anordnen können.  Dabei sollte keine Nachweispflicht nötige Voraussetzung sein“, so Oberbürgermeister Jochen Partsch. In Modellvorhaben sollten die Auswirken auf die oben genannten Ziele wissenschaftlich untersucht und evaluiert werden. Weiterhin sollten die immer vorgebrachten möglichen negativen Begleiterscheinungen wie Benachteiligung des straßengebundenen ÖPNVs, Verdrängungseffekte in Nebennetze mit in die Untersuchung einbezogen werden und mögliche Lösungen eruiert werden.

„Darmstadt hat sich besonders zum Ziel gesetzt den Radverkehr zu fördern und unterstützt dies auch durch ein eigenes Sonderinvestitionsprogramm. Durch die Möglichkeiten Tempo 30 im Straßennetz vermehrt ausweisen zu können bzw. als Regelgeschwindigkeit anzusetzen, würde die Förderung des Radverkehrs noch mehr unterstützt und wir würden dem Ziel der Mobilitätswende mit einem für Darmstadt angestrebten Modal Split von 75 Prozent Umweltverbund zu 25 Prozent verbleibender Kfz-Anteil näher kommen“, ergänzt Mobilitäts- und Umweltdezernent Michael Kolmer. Gerade da wo zurzeit keine eigenen Radverkehrsanlagen vorhanden seien, würde eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit deutlich zur Verkehrssicherheit beitragen.

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hatte bereits im September 2019  gemeinsam mit dem Land Hessen Anstrengungen unternommen, Darmstadt zu einer Modellkommune zu machen, in der im Rahmen eines „Pilotprojekts“ die Vorzüge von Tempo 30 als flächendeckende Maßnahme des Lärmschutzes, der Luftreinhaltung, der städtebaulichen Ordnung, des Klimaschutzes und der Förderung des Fuß- und Radverkehrs demonstriert wird. Diesen Modellversuch hat das Bundesverkehrsministerium im Dezember 2020 abgelehnt. „Es ist logische Konsequenz, dass wir nun der ‚Städteinitiative Tempo 30‘ beitreten“, so Partsch und Kolmer abschließend.

Hintergrund:
Die Verkehrsdezernentinnen und Verkehrsdezernenten einiger Städte haben sich auf Initiative der Städte Leipzig und Freiburg zu der „Städteinitiative Tempo 30“ mit dem Ziel zusammengefunden, ein stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen zu erreichen. Straßen sollen sicherer, leiser und sauberer werden und ihre Funktion als multifunktionale Orte zurückgewinnen. Erstunterzeichner waren – neben den Initiatoren Leipzig und Freiburg – die Städte Aachen, Augsburg, Hannover, Münster und Ulm. Kurze Zeit später ist die Stadt Bonn der Initiative beigetreten und nun Darmstadt.

Download: Anlage „Städteinitiative Tempo 30“ (PDF)

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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