Eine ganze Stadt hört Klee

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Paul Klee - Arabische MelodieDie Ausstellung „A House Full of Music“ auf der Mathildenhöhe Darmstadt erweckt Paul Klees tunesische Sehnsuchtsmelodie zu neuem Leben – und bespielt damit ganz Darmstadt.

Nicht jeder weiß, dass [[Paul Klee]], der weltberühmte Künstler der Moderne, auch Musiker war. Seine Entscheidung für die bildende Kunst kommentierte er nicht unbedingt political correct mit den Worten: „Meine Geliebte ist und war die Musik, und die ölriechende Pinselgöttin umarme ich bloß, weil sie eben meine Frau ist.“

1914, während seiner berühmten Tunisreise, notiert er voller Begeisterung in sein Tagebuch: „Abends im Kaffee der blinde Sänger und sein Tamburin schlagender Knabe. Ein Rhythmus für immer!“. Darunter hat er Note für Note die fremde Melodie mitsamt dem fesselnden Tamburinschlag aufgezeichnet. Das Tagebuch ist seit dem 13. Mai ebenso wie die danach entstandene Zeichnung „Arabische Melodie“ in der Ausstellung „A House Full of Music“ zu sehen. Die von Klee handschriftlich im wahrsten Sinn des Wortes gespeicherte Musik dieses Abends in Hammamet vor nunmehr 98 Jahren ist eigens für die Ausstellung von Jan Schulte-Bunert am Altsaxophon intoniert worden. Der Berliner Musiker und Dozent der Akademie für Tonkunst Darmstadt hat die Melodie mitsamt Tamburinschlag selbst eingespielt für die Mathildenhöhe Darmstadt – nie zuvor seit 1914 war diese Musik zu hören.

Um den Geist der Ausstellung in die Stadt hinauszutragen, ist auf Wunsch der Mathildenhöhe Darmstadt diese musikalische Erinnerung von Paul Klee für die Dauer der gesamten Ausstellung bis zum 9. September in allen Telefonwarteschleifen der Wissenschaftsstadt Darmstadt zu hören – dort wo sonst Mozart & Co. zu Muzak werden, begegnet den Anrufern nun Jan Schulte-Bunerts warmer Saxophonklang, der die einst von Paul Klee gehörte Stimme mitsamt ihrem ganz eigenen Rhythmus zu neuem Leben erweckt.

Dr. Ralf Beil, Kurator der Ausstellung und Initiant der Telefonaktion: „Ich freue mich über die Aufgeschlossenheit der Stadt Darmstadt Experimenten gegenüber, die Menschen im Alltag Kunst und Kultur näher bringen – denn auf der Mathildenhöhe gehören Kunst und Leben seit 1899 untrennbar zusammen.“

Womöglich locken die verführerischen Klänge ja noch den einen oder anderen Anrufer in die Ausstellung, in der neben Hunderten von Kunst- und Musikwerken auch noch neun weitere zeichnerische Inkunabeln von Paul Klee auf Menschen mit offenen Augen und Ohren warten: vom „Instrument für neue Musik“, ebenfalls aus dem Jahr 1914, bis zur „Stelle für Waldhorn“ von 1939. Paul Klee gehört neben John Cage, Joseph Beuys, Marcel Duchamp, Nam June Paik und Erik Satie zu den großen Leitfiguren der interdisziplinären Großausstellung auf der Mathildenhöhe Darmstadt.

Bild: Arabische Melodie 1916, 43
Kaltnadel in Gelatine, koloriert, Unikat. 13,7 x 12 cm
Werkverzeichnis Nr. 1640
Museum Sammlung Rosengart, Luzern

Quelle: Institut Mathildenhöhe Darmstadt


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