Recht auf Ausdrucke ist gesichert

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In dem von der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt entschiedenen Eilverfahren zur Digitalisierung von Bibliotheksbeständen wurde das Recht der Bibliotheken bestätigt, in ihrem Bestand befindliche Druckwerke unabhängig von eventuell bestehenden Angeboten der Verlage zu digitalisieren und ihren Nutzern elektronisch verfügbar zu machen.

Der Verleger Ulmer, unterstützt vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, hatte dieses Recht bestritten. Er verklagte die Technische Universität Darmstadt, ein von ihrer Universitäts- und Landesbibliothek digitalisiertes Werk seines Verlages künftig nicht mehr an PC-Arbeitsplätzen in den Räumen der Bibliothek zur Nutzung bereitzustellen. Ziel der Klage war, der Bibliothek grundsätzlich zu verbieten, ohne seine Zustimmung die von ihm verlegten Druckwerke überhaupt zu digitalisieren, um sie dann elektronisch verfügbar zu machen. Gleichzeitig sollte die Bibliothek verpflichtet werden, ein wie auch immer geartetes Kauf- bzw. Lizenzangebot einer elektronischen Version seines Werkes annehmen zu müssen. Beides wäre darauf hinausgelaufen, die Anfang 2008 durch Gesetz neu geschaffene Befugnis der Bibliotheken, an „elektronischen Leseplätzen“ in den Räumen der Bibliothek Druckwerke aus ihrem Bestand digitalisiert anzubieten, ins Leere laufen zu lassen.

Das Gericht hat beides nun eindeutig verneint. Das Gericht hat auch das Recht der Nutzer bestätigt, sich Ausdrucke von den am Bildschirm lesbaren Werken zu machen. So ist eine zwingende Voraussetzung für ein wissenschaftliches Arbeiten mit Texten gesichert, geht es doch darum, daraus in anderen Zusammenhängen zu zitieren oder den Inhalt sinngemäß wiederzugeben. Ohne eigene Privatkopie wichtiger Textteile ist dies in der Regel nicht verlässlich möglich. Verboten hat das Gericht allerdings den Nutzern, eine solche Kopie auch in digitaler Form anzufertigen. Die Bibliothek ist verpflichtet, technische Vorkehrungen zu treffen, die eine solche Kopiermöglichkeit unterbinden. Nur in diesem Punkt der Klage war der Verlag erfolgreich, der das Ausdrucken wie den Download verbieten lassen wollte.

Die TU Darmstadt bedauert, dass dem Nutzer dieses Recht beschnitten wird. Es ist schwer nachvollziehbar, dass Nutzer zwar das Buch aus dem Bibliotheksregal nehmen und es in Teilen auch digital kopieren und auf einen USB-Stick laden dürfen (dies ist unbestrittenes Recht auf Privatkopie zum wissenschaftlichen Gebrauch nach § 53 des Urheberrechtsgesetzes), dass dies gleichwohl aber am Bildschirm in der Bibliothek – gewissermaßen neben dem Regal – untersagt sein soll. Die TU Darmstadt sieht hier eine problematische Einschränkung des Rechts auf Privatkopie und Behinderung (modernen) wissenschaftlichen Arbeitens.

Doch scheint der derzeitige gesetzliche Rahmen dieses Recht nicht klar genug zu verankern. Sogar selbst dann nicht, wenn es sich bei den kopierbaren Dateien (wie in Darmstadt der Fall), lediglich um eine sogenannte „reine Graphikdateien“ handelt, die völlig analog zu einer normalen Papierkopie lediglich eine Art elektronische Ablichtung darstellen und keinerlei Möglichkeit bieten, den Text etwa durch „copy and paste“ digital zu nutzen.

Die TU Darmstadt war davon überzeugt, mit dieser technischen Einschränkung auf jeden Fall gesetzeskonform zu handeln. Sie hielt ihre Rechtsauffassung auch für die Verlagsseite für akzeptabel, geht es bei deren e-book-Angeboten doch in aller Regel um vollständig digital nutzbare Dateien, die es ermöglichen, einzelne Textpassagen gezielt zu suchen und digital weiter zu verarbeiten, etwa in einem eigenen Text. Das Angebot der Bibliothek stellt dazu ganz bewusst keine Konkurrenz dar. Dem Nutzer wurde lediglich ermöglicht, den Text lesbar, aber nicht digital bearbeitbar, für sich elektronisch zu archivieren. Die Parallele zum Papierausdruck als Zitatgrundlage schien klar. Das Gericht hat dies verneint und damit eine Situation geschaffen, die nun interpretiert werden muss. So darf der Nutzer künftig zwar für sich aus dem Druckwerk vollständig digital nutzbare elektronische Kopien einzelner Teile des Textes erstellen, aus dem elektronischen Leseplatzangebot der Bibliothek jedoch nicht einmal eine eingeschränkt nutzbare elektronische Kopie gänzlich analog zum auch dort erlaubten Papierausdruck.

Verleger und Börsenverein haben nach der Verhandlung signalisiert, in Gesprächen mit Bibliotheken nach sinnvollen, die Interessen beider Seiten berücksichtigenden Regelungen zur Nutzung digitaler Angebote im Rahmen des § 52b des Urheberrechts suchen zu wollen. Man will nach Möglichkeit gemeinsam dem Gesetzgeber eine Präzisierung des in seiner Auslegung umstrittenen Paragraphen vorschlagen. Die TU begrüßt diesen Vorschlag und ist bereit, dazu beizutragen. Da nun auch von Verlegerseite nicht mehr grundsätzlich das Recht der Bibliotheken zur Digitalisierung ihrer Bestände bestritten werden kann, ist eine Gesprächsgrundlage gegeben. Es gilt, eine die Interessen wissenschaftlicher Nutzung befriedigende Sachlösung zu finden und eine gemeinsam getragene Rechtspraxis zu entwickeln.

Quelle: TU Darmstadt


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