„Der Außenhandel in Südhessen ist auch 2024 nicht vorwärtsgekommen. Die Nachfrage auf dem Weltmarkt ist insgesamt schwach, und die aktuellen geopolitischen Krisen beeinflussen zunehmend den Welthandel“, sagt Axel Scheer, Experte für Außenhandel bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar. „Immer neue Handelshemmnisse, zusätzliche bürokratische Hürden und Unsicherheiten bei der Umsetzung von Regulierungen, wie dem EU-CO2 Grenzausgleich CBAM oder dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz belasten insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen“, sagt Scheer. Diese Entwicklungen spiegeln sich auch in den Zahlen der durch die IHK Darmstadt ausgestellten Exportdokumente wider.
Die IHK Darmstadt stellte im vergangenen Jahr 28.248 Außenhandelsdokumente für Unternehmen in ihrem Bezirk aus und damit etwas weniger als im Vorjahr (2023: 29.140; Minus 3,1 Prozent). Die Auswirkungen der Krisen lassen sich auch an den Carnets A.T.A. ablesen, mit denen Waren ohne größere Zollformalitäten zeitweilig ausgeführt werden können. Dieses Dokument benötigen Unternehmen, wenn sie ihre Waren auf Messen ausstellen oder Servicetechniker ihre Ausrüstungen ins Ausland mitnehmen wollen. 2024 wurden 364 Carnets ausgestellt und damit 27 weniger als im Vorjahr (2023: 395 Carnets; Minus 7,8 Prozent).
EU und USA wichtigste Handelspartner/ US-Exporte weiter rückläufig
Hingegen fallen die vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes etwas besser für die ersten neun Monate 2024 aus. Danach betrugen die hessischen Exporte von Januar bis September 60,87 Milliarden Euro (2023: 59,88 Milliarden Euro) und stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht um 1,65 Prozent. Importiert wurden Waren im Wert von 88,5 Milliarden Euro (2023: 92,19 Milliarden Euro) und damit 4,0 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
Die Exporte in die Länder der EU betrugen in den ersten neun Monaten 33,27 Milliarden Euro (2023: 32,78 Milliarden Euro) und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu gleichgeblieben (plus 1,5 Prozent). Importiert wurden Waren im Wert von 41,64 Milliarden Euro (2023: 42,31 Milliarden Euro; Minus 1,58 Prozent).
Die Exporte aus Hessen in die USA sind deutlich zurückgegangen. Sie betrugen von Januar bis September 2024 7,25 Milliarden Euro und sind im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (2023: 7,83 Milliarden) um 7,4 Prozent gesunken. Die Importe haben ebenfalls leicht verloren. Importiert wurden in den ersten neun Monaten Waren im Wert von 11,01 Milliarden Euro (2023: 11,46 Milliarden Euro; Minus 3,9 Prozent).
„Die von Donald Trump angekündigten Zölle werden den Export aus Deutschland weiter belasten. Die USA werden vermutlich weniger importieren, was auch deutsche Unternehmen treffen dürfte“, sagt Scheer. Noch stärker könnten allerdings neue Handelsbarrieren die deutschen Unternehmen treffen und den Zugang zum US-Markt erschweren. Deshalb sei es wichtig, dass die EU neue Handelsabkommen anstrebe, wie das Abkommen mit den Mercosur-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay), betont Scheer
Weiter hohe Exportquote in Südhessen
Die Exportquote im verarbeitenden Gewerbe liegt im Bezirk der IHK Darmstadt bei 64,5 Prozent und ist im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozentpunkte gestiegen (2023: 62,0). Sie liegt deutlich über der von Hessen (54,6 Prozent) und Deutschland (49,7 Prozent).
„Die Exporte von chemischen und pharmazeutischen Produkten und von Maschinen sind zwar leicht rückläufig, aber immer noch stark gefragt im Ausland. Der Export von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen und elektrotechnischen Erzeugnissen hat wie schon im Vorjahr wieder zugelegt.“ sagt Scheer.
Von Januar bis September wurden chemische und pharmazeutische Erzeugnisse im Wert von 18,0 Milliarden Euro aus Hessen exportiert und damit 1,0 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (2023: 18,18 Milliarden Euro). Importiert wurden Waren im Wert von 17,03 Milliarden Euro (2023: 15,95 Milliarden Euro) und damit 6,8 Prozent mehr als im Vorjahr.
Der Maschinenbau vermeldet indes negative Zahlen. Die Exporte fielen mit 6,72 Milliarden Euro (2023: 7,03 Milliarden Euro) um 4,4 Prozent. Die Importe blieben mit 8,63 Milliarden Euro (2023: 8,58 Milliarden Euro; Plus 0,6 Prozent) nahezu konstant.
Der Export von elektrotechnischen Erzeugnissen legte in den ersten neun Monaten mit 5,64 Milliarden um 4,8 Prozent zu (2023: 5,38 Milliarden Euro). Die Importe fielen mit 11,84 Milliarden Euro deutlich um 9,8 Prozent (2023: 13,13 Milliarden Euro).
Ähnlich lief es in der Automobilbranche. Dort stiegen die Exporte mit 6,22 Milliarden Euro (2023: 5,89 Milliarden Euro) um 5,6 Prozent. Die Importe fielen mit 10,6 Milliarden Euro (2023: 12,04 Milliarden Euro) um 11,67 Prozent.
Frankreich zweitwichtigster Abnehmer / Polen auf Rang drei / Exporte nach China und UK legen zu
Zweitwichtigster Abnehmer hinter den USA bleibt weiterhin Frankreich. Exportiert wurden in den ersten neun Monaten nach Hessen Waren im Wert von 4,79 Milliarden Euro (2023: 4,73 Milliarden Euro; Plus 1,3 Prozent) und für 7,12 Milliarden Euro importiert (2023: 7,53 Milliarden Euro; Minus 5,4 Prozent).
Polen bleibt auch weiterhin ein wichtiger Handelspartner Hessens. Sowohl die Exporte als auch die Importe sind leicht gestiegen. Exportiert wurden von Januar bis September Waren im Wert von 3,64 Milliarden Euro (2023: 3,60 Milliarden Euro; Plus 1,1 Prozent) und für 3,17 Milliarden Euro importiert (2023: 3,12 Milliarden Euro; Plus 1,6 Prozent).
Die Exporte nach China haben in den ersten neun Monaten deutlich zugelegt. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 3,06 Milliarden Euro (2023: 2,81 Milliarden). Das ist ein Plus von 8,9 Prozent. Die Importe sind leicht rückläufig. Importiert wurden Waren im Wert von 8,56 Milliarden Euro (2023: 8,78 Milliarden Euro; Minus 2,5 Prozent).
Trotz des Brexits zeigt der Handel mit dem Vereinigten Königreich zumindest exportseitig eine positive Entwicklung, während die Importe von der Insel stark zurückgegangen sind. Exportiert wurden von Januar bis September Waren im Wert von 2,85 Milliarden Euro (2023: 2,63 Milliarden Euro; Plus 8,4 Prozent) und für 2,93 Milliarden Euro importiert (2023: 3,31 Milliarden Euro; Minus 11,5 Prozent).
Ukrainegeschäft schwierig / Russlandsanktionen zeigen Wirkung
Die Exporte in die Ukraine haben in den ersten neun Monaten weiter verloren. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 0,16 Milliarden Euro (2023: 0,21 Milliarden). Das ist ein Minus von 23,8 Prozent. Auch die Importe sind rückläufig. Importiert wurden Waren im Wert von 0,053 Milliarden Euro (2023: 0,058 Milliarden Euro; Minus 8,6 Prozent).
Die Exporte nach Russland sind in den ersten neun Monaten ebenfalls gesunken. Die Ausfuhren dorthin betrugen von Januar bis September 0,39 Milliarden Euro (2023: 0,43 Milliarden). Das ist ein Minus von 9,3 Prozent. Im Vergleich zum selben Zeitraum 2021, also vor Beginn des russischen Angriffskrieges, haben sich die Exporte halbiert (2021: 0,78 Milliarden). Auch die Importe sind rückläufig. Importiert wurden Waren im Wert von 0,36 Milliarden Euro (2023: 0,5 Milliarden Euro; Minus 28 Prozent). Im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 haben sich die Importe auf ein Zehntel verringert (2021: 3,68 Milliarden).
„Es gibt kein Totalembargo gegen Russland. Legale Geschäfte sind weiterhin erlaubt. Lebensmittel, Arzneimittel oder medizinische Geräte gehören zu den Gütern, die weiterhin nach Russland exportiert werden. Trotzdem zeigen die Sanktionen Wirkung“, sagt Scheer.
Quelle: IHK Darmstadt Rhein Main Neckar