Frühblüher aus Hessen – Wieviel Arbeit steckt in Primel & Co.?

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Hat der Weihnachtsbaum das Wohnzimmer verlassen, halten oft kurze Zeit später Primeln oder Hyazinthen Einzug. Bereits ab Januar können Frühblüher aus heimischer Gewächshaus-Produktion erworben werden.

Welche Schritte die Frühblüherproduktion umfasst und wie die Betriebe die Produktion nachhaltig gestalten, erklärt Günther Wilde, Gartenbauberater beim LLH.

Zwiebelblumen

Blumenzwiebeln werden fast ausschließlich aus Holland bezogen und bei uns im September/Oktober in mit Blumenerde gefüllte Töpfe oder Kisten gesteckt. Früher wurden sie anschließend in Frühbeetkästen gestellt und mit einer Erd-/Torf- oder Strohschicht für mehrere Wochen abgedeckt und damit einer notwendigen Kühlperiode unterzogen. Heute geschieht dies in Kühlhäusern, in denen sie z.B. auf Etagenwagen platz- und energiesparend übereinandergestapelt werden. Nach einigen Wochen werden sie satzweise zum Antreiben in geheizten Gewächshäusern aufgestellt und zur Blüte gebracht. Die energieintensivere Treibphase beträgt für frühe Verkaufstermine im Januar und Februar etwa 2 bis 3 Wochen.
Primeln, Stiefmütterchen und Co.

Primeln, Stiefmütterchen, Gänseblümchen, Vergissmeinnicht und Ranunkeln werden im Spätsommer/Herbst mittlerweile fast ausschließlich in spezialisierten Jungpflanzenbetrieben ausgesät. Als Jungpflanzen kommen sie in unsere Gärtnereien vor Ort und werden – überwiegend mittels Topfmaschine oder Pikierautomat – von September (z.B. Primeln) bis Anfang November (z.B. Stiefmütterchen) in Töpfe getopft.

Zuerst stehen sie Topf an Topf. Später werden sie entsprechend ihres Platzbedarfs mit einem gewissen Abstand zueinander aufgestellt und den Winter über frostfrei bei etwa 5 °C Heiztemperatur in Gewächshäusern kultiviert. In milden Wintern muss kaum geheizt werden, sondern nur wenn die Gefahr besteht, dass Frost in die Gewächshäuser eindringen kann.
Die Hauptabsatzzeit beginnt Anfang/Mitte März und dauert bis April. Für diesen Vermarktungszeitraum werden überwiegend spätblühende Sorten angebaut. Gärtnereien, die schon früher im Jahr blühende Pflanzen anbieten möchten, kultivieren zusätzlich früh und mittelfrüh blühende Sorten.

Die Farbvielfalt bei Primeln und Stiefmütterchen ist besonders groß. Bei Primeln gibt es neben einfach blühenden Sorten gefüllte und halbgefüllte und sogenannte Stängelprimeln, die besonders imposant sind. Züchtungsunternehmen im In- und Ausland sind bestrebt, immer wieder neue Sorten auf den Markt zu bringen. Dabei ist nicht nur die Optik neuer Sorten entscheidend, sondern auch deren Robustheit gegenüber niedrigen Temperaturen und eine geringe Krankheits- und Schädlingsanfälligkeit.

Vorteile, Chancen und Herausforderungen einer regionalen Produktion

Was ist das Nachhaltige an diesen regional produzierten Topfpflanzen? Zum einen sind die Transportwege kurz. Zum anderen versuchen die Betriebe mit vielen Maßnahmen, den ohnehin schon niedrigen Energieeinsatz weiter zu reduzieren, indem sie z.B. die Gewächshäuser mit isolierender Noppenfolie abdichten, Energieschirme in die Gewächshäuser einbauen und versuchen, die Kulturzeiten auf ein Minimum zu reduzieren.

Die Erde, in die die Pflanzen getopft werden, setzt sich aus verschiedenen Rohstoffen zusammen. Wurde bis vor wenigen Jahren überwiegend Torf verwendet, so wird besonders bei Frühjahrsblühern und Beet- und Balkonpflanzen der Torfgehalt immer weiter reduziert – ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Die genannten Pflanzengattungen wachsen auch in Erden gut, die hohe Anteile an Holzfasern, Rindenhumus, Kompost und Ton enthalten.

Viele Gärtnereien sammeln Regenwasser von den Gewächshausdächern in Zisternen und sind mit geschlossenen Bewässerungssystemen ausgestattet, mit denen überschüssiges Wasser wieder aufgefangen und erneut zur Bewässerung genutzt wird.

Um Pilzkrankheiten vorzubeugen, werden die Pflanzen möglichst trocken kultiviert und es wird so lange und so viel wie möglich gelüftet, damit nasses Laub schnell abtrocknet. Auch Pflanzenstärkungsmittel können zum Einsatz kommen. Erst bei langanhaltend feuchter Witterung, wie es im Spätherbst 2023 der Fall war, kann eine Fungizid-Behandlung gegen Blattfleckenkrankheiten, Grauschimmel oder Falschen Mehltau notwendig werden.

Während in den warmen Monaten im geschützten Anbau verbreitet Nützlinge die tierischen Schaderreger in Schach halten, ist dies im Winter nicht möglich. Unter 10 C ist es Nützlingen, z.B. Schlupfwespen und Florfliegenlarven, zu kalt. Sie sterben ab oder sind nur unzureichend aktiv. Vor allem Blattläuse können bei niedriger Temperatur weiterhin aktiv sein und die Pflanzen schädigen. In der kalten Jahreszeit kommen daher, falls angezeigt, Insektizide zum Einsatz.

Ein paar Zahlen

2021 wurden in Hessen ca. 3,4 Mio. Stiefmütterchen, ca. 633.000 Primeln und ca. 76.000 Zwiebelblumen in Töpfen angebaut (Quelle: Die Zierpflanzenerhebung in Hessen 2021, Hessisches Statistisches Landesamt).

Fotos: © LLH
Quelle: Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen


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