Einsatz von Pflanzenstärkungsmittel zur Behandlung von Schadpilzen an Stadtbäumen – Testlauf in der Orangerie und an weiteren Standorten im Stadtgebiet geplant

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Sind Stadtbäume von Schadpilzen befallen, breitet sich der Schadpilz in den meisten Fällen aus, bis die Fällung des jeweiligen Baums unumgänglich wird. Mit Blick auf die Entwicklung der Bäume in der Orangerie plant daher das Grünflächenamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt einen vierjährigen Testlauf mit einem von einem Schweizer Unternehmen entwickelten und inzwischen auch in Deutschland erhältlichen Pflanzenstärkungsmittel, das Trichoderma atrobrunneum enthält, einen natürlich im Boden vorkommenden Pilz, der zu einer Stärkung und Präimmunisierung der Bäume beitragen, aber gezielt auch Schadpilze befallen kann. Der Testlauf soll in der 22. Kalenderwoche / 2023 beginnen.

In der Orangerie ist im Boden der „Hallimasch“ (Armillaria) vorhanden, ein weitverbreiteter Pilz, der in erster Linie „gestresste“ Bäume befällt. Ein vitaler Baum kann eine Hallimasch-Infektion mittels Bildung von Abwehrstoffen und Abgrenzungsgeweben zunächst abwehren. Bei gestressten Bäumen (wie z. B. während anhaltender Trockenperioden) sind diese Reaktionen vermindert, so dass es zur Infektion kommt. Schlimmstenfalls können Bäume so schon innerhalb einer Vegetationsperiode absterben. Dies zeigt sich auch in der Orangerie: Dort müssen jedes Jahr mehrere abgestorbene Kastanien gefällt werden.

Erschwerend kommt in der Orangerie die dort relativ hohe Konzentration von Hundeurin hinzu, welcher aufgrund der Harnsäure Feinwurzeln und Rinde angreift sowie den Boden kleinräumig mit Stickstoff überdüngt. Die dortigen Nachpflanzungen werden daher neuerdings mit einem sog. „Pinkelschutz“ ausgestattet, bestehend aus Querhölzern im unteren Bereich des Dreibocks, um den Stammfuß zu schützen. Neben dem „Hallimasch“ setzen Rosskastanien allerorts zunehmend weitere pilzliche und bakterielle Erreger zu.

Die Wirkweise des Pflanzenstärkungsmittels beruht zum einen auf einer „Präimmunisierung“ der Bäume, wobei die Produktion von Botenstoffen (z. B. Salicyl- oder Jasmonsäure) in der gesamten Pflanze durch Trichoderma ausgelöst wird. Botenstoffe sind Signalmoleküle und warnen die Pflanze, wenn ein Schaderreger angreift. Normalerweise werden diese Botenstoffe erst produziert, wenn ein Schaderreger auftritt. Mit Trichoderma geschieht dies schon vorher. Damit kann die Pflanze schneller auf einen Schaderregerangriff reagieren und ist dadurch resistenter. Im Gegensatz zu Schadpilzen kann Trichoderma aber eine Symbiose mit der Pflanzenwurzel eingehen und deren Nährstoffaufnahme fördern. Dazu kommt die Fähigkeit zum „Mykoparasitismus“, wobei Trichoderma gezielt auf holzzersetzende Schadpilze zuwächst und sich mittels schnell wachsender Hyphen um deren Pilzfäden windet, die Zellwände auflöst und sich von den Zellen der Schadpilze ernährt. Durch die hohe Konkurrenzkraft von Trichoderma kann den Schadpilzen außerdem Nahrung im Boden entzogen werden. Die bisherige Forschung zeigte dabei keine negativen Auswirkungen auf die für die Bäume wichtigen Mykorrhizapilze oder Wurzelknöllchen – vielmehr kann eine Behandlung damit bewusst kombiniert werden.

Das Mittel ist frei von gefährlichen Inhaltsstoffen und wird viermal im Jahr über die Vegetationsperiode verteilt im Gießverfahren ausgebracht; dabei reicht bereits eine sehr geringe Wirkstoffkonzentration. Anfang Juni soll die erste Behandlung in der Orangerie erfolgen, für den Behandlungszeitraum werden die jeweiligen Grün- und Wegeflächen im Wurzelbereich der Bäume kurzzeitig gesperrt.

Neben der flächigen Gießbehandlung in der Orangerie erfolgt parallel in einem zweiten Testverfahren die Behandlung von zehn ausgewählten Bäumen im Stadtgebiet. Diese Bäume sind von unterschiedlichen Pilzen befallen; neben dem Gießverfahren soll hier auch eine gezielte Behandlung der Pilzfruchtkörper erfolgen und deren weitere Entwicklung beobachtet werden. Hierfür sind keine Sperrungen erforderlich. Die Stand- und Bruchsicherheit der Bäume wird dabei regelmäßig überprüft.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Damstadt


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