Standards für gutes Regieren – Normen für die Politik – Neues Graduiertenkolleg in Sprecherschaft der TU Darmstadt bewilligt

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Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat das neue Graduiertenkolleg „Standards des Regierens“ bewilligt. Dafür hat die TU Darmstadt gemeinsam mit der Goethe-Universität Frankfurt rund 4,4 Millionen Euro beantragt. Das Kolleg stärkt auch die Forschungskooperation in der Strategischen Allianz der Rhein-Main-Universitäten (RMU), welche die Goethe-Universität Frankfurt, die TU Darmstadt und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz bilden.

Im neuen Kolleg arbeiten Forschende der TU Darmstadt und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt aus den Bereichen Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie und Rechtswissenschaft zusammen. Sprecher ist Professor Jens Steffek, Leiter des Arbeitsgebiets Transnationales Regieren am Institut für Politikwissenschaft der TU Darmstadt, stellvertretende Sprecherin ist Professorin Sandra Seubert vom Institut für Politikwissenschaft der Goethe-Universität. Das Kolleg ist interdisziplinär angelegt und dient neben der Forschung auch der Promotion und weiteren Qualifikation von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.

Demokratische Gesellschaften stehen heute vor großen Herausforderungen. Viele Versuche, das westliche Demokratiemodell in andere Teile der Welt zu übertragen, sind offenkundig gescheitert. Der weltpolitische Einfluss autoritär regierter Staaten wie China nimmt seit Jahren zu. Während die Demokratie als empirisch existierende Staatsform in einer Krise steckt, nahm das Konzepts der „good governance“, des guten Regierens, einen steilen Aufstieg. Es prägt mittlerweile nicht nur politische Strukturen, sondern auch Unternehmen und Einrichtungen.

Das neue Graduiertenkolleg (GRK) beschäftigt sich mit Ideen und Praktiken, für die sich der Begriff „good governance“ eingebürgert hat. Das Konzept ist mittlerweile weltweit verbreitet. Darunter fallen allgemeine Normen wie Transparenz, Partizipation und Verantwortlichkeit („accountability“) der Regierenden, aber je nach Konzeption auch sehr spezifische wie Geschlechtergerechtigkeit, Korruptionsbekämpfung und systematische Evaluation von Politik. Die Anforderungen der „good governance“ richten sich gleichzeitig an den öffentlichen und privaten Sektor. Staaten und Kommunen, börsennotierte Unternehmen, Finanzmarktakteure und Nichtregierungsorganisationen – sie alle werden heute nach ihrer Performance auf Skalen der „good governance“ beurteilt und in Rankings gelistet.

Die innovative Leitidee des Graduiertenkollegs ist es, Normen des guten Regierens als Standards zu begreifen – vergleichbar technischen Normen – und zu analysieren. In der interdisziplinären Zusammenarbeit und in Kombination von empirisch-analytischer und normativer Forschung wird es etwa um die Frage gehen, wie genau Standards des Regierens entstehen und warum sie kodifiziert werden. Weitere Forschungsfragen sind: Warum verbreiten sich Standards des Regierens über Grenzen hinweg? Wie werden Standards des Regierens in die Praxis umgesetzt, und wie wird ihre Einhaltung gemessen? Wie wird versucht, diese Standards durchzusetzen und warum formiert sich Widerstand gegen solche Versuche?

Durch die Verbindung von Forschungsgegenständen, die normalerweise nicht gemeinsam betrachtet werden, ermöglicht diese Leitidee auch einen Dialog der politischen Theorie und Institutionenlehre mit Fachdisziplinen wie der politischen Ökonomie, den Internationalen Beziehungen, der Rechtswissenschaft und der soziologischen Modernisierungsforschung.

Das Vorhaben dieses Graduiertenkollegs ist ambitioniert und sieht einen breit angelegten Vergleich von Politikfeldern vor, begleitet von Studien zum Wandel zentraler Konzepte und Begriffe.

Die Förderung des Kollegs „Standards des Regierens“ beginnt zum 1. April 2023 und läuft über einen Zeitraum von fünf Jahren.

Quelle: TU Darmstadt


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