Zeit, die sonst fehlt – Klinikseelsorge leistet neben der Medizin wichtigen Beitrag zur Heilung

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„Wenn Sie mögen, nehme ich mir Zeit für Sie“. Mit diesen Worten beginnt Almuth Peiper oft ein Gespräch mit Patientinnen und Patienten im Klinikum Darmstadt. Sie gehört als evangelische Pfarrerin zum ökumenischen Team der Klinikseelsorge. Zeit ist ein kostbares Gut, das im Krankenhaus eher knapp ist, sagt sie. „Im Krankenhaus ist Zeit auch Geld“, beschreibt Almuth Peiper zudem die wirtschaftlichen Zwänge.

Patientinnen und Patienten fühlten sich „oft wie aus der Normalzeit geworfen“, so die Theologin. In Gesprächen kämen existentielle Fragen wie „Wie fülle ich die Zeit, die mir noch bleibt?“ oder „Wie wird es meinen Liebsten ergehen, wenn ich nicht mehr da bin?“ zur Sprache. „Hier wollen wir Beistand und Rat anbieten“, so Almuth Peiper. Der Austausch mit ihren Kolleginnen und Kollegen ist ihr dabei wichtig. Sie arbeitet im Team mit den evangelischen und katholischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern am Klinikum und darüber hinaus am evangelischen Krankenhaus Agaplesion Elisabethenstift, Alice-Hospital und den Kinderkliniken Prinzessin Margaret. Die Klinikseelsorge ist jeweils ökumenisch aufgestellt.

Zeit haben die Krankenhausseelsorgerinnen und –seelsorger für die Kranken, aber auch für Angehörige und das Personal. „Im hektischen Krankenhausalltag haben wir das Privileg, Zeit zu haben für die Fragen, die die Betroffenen sonst im Medizinbetrieb nicht loswerden können“, beschreibt Almuth Peiper ihre Funktion, „Seelsorge ist unser christlicher Grundauftrag.“ Dabei kommen auch ganz grundsätzliche Themen wie die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach dem „Warum?“ oder auch nach Gott zur Sprache – „Themen, die man sonst so oft wegschiebt – wenn man gesund ist“, so Almuth Peiper.

Gemeinsam mit den Menschen, die ihr anvertraut sind, sucht die professionelle Klinikseelsorgerin nach Antworten. Dieses Angebot gelte allen, unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit. Medizinisch stehe immer die Krankheit im Vordergrund, sagt der leitende Oberarzt Dr. Andreas Lenhart, der Mensch mit seinen Sorgen und Ängsten komme oft zu kurz: “Diese Lücke füllt unverzichtbar die Klinikseelsorge, die eben nicht mit dem medizinischen Auge schaut und gerade deshalb ebenso zur Heilung beiträgt.”

Darüber hinaus gestaltet die Seelsorgerin mit ihren Kolleginnen und Kollegen auch Gottesdienste mit Kasualien wie Abendmahl und Nottaufen in der Klinik. „Wir finden Worte des Gebets, wenn sie anderen vor Kummer versiegen“, so Almuth Peiper. Sie halten Aussegnungen am Sterbebett, gestalten Abschiedsrituale und begleiten Eltern und Geschwister, die ihr Kind verloren haben. „Wir erleben immer wieder, wie dankbar Eltern sind, die ein krankes Neugeborenes im Arm halten, oder wenn ein Kind tot zur Welt kommt, wenn ihre Fragen nach dem Warum gehört, begleitet, aufgefangen werden und das Kind vielleicht Taufe oder Aussegnung empfangen darf“, sagt Dagmar Erdmann, stellvertretende leitende Hebamme am Klinikum Darmstadt. Die gemeinschaftlichen Bestattungen nicht-bestattungspflichtiger, sehr kleiner Fehlgeborener seien ein weiteres, unerlässliches Feld der Krankenhausseelsorge. Zu deren Aufgaben gehört es auch, in der Ausbildung der Pflegeberufe die „ethische, interreligiöse und interkulturelle Kompetenz des pflegerischen Nachwuchses“ zu stärken. Auch beraten die Klinikseelsorgerinnen und -seelsorger als Mitglieder im Ethikkomitee gemeinsam mit Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern sowie Angehörigen anderer Berufsgruppen in ethischen Konfliktfällen.

“Wir erleben meist, dass die Menschen nicht pro-aktiv nach dem Angebot der Klinikseelsorge fragen”, sagt Dr. Maike Manz, Leiterin der Geburtshilfe am Klinikum, “aber sehr erleichtert und froh sind, wenn wir als Fachpersonal auf entsprechende Angebote hinweisen.” Sie selbst sei zudem bei belastenden Situationen oft dankbar für die Möglichkeit eines seelsorgerlichen Gespräches.

Quelle & Bild: Evangelisches Dekanat Darmstadt


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