Pfungstadt startet Einzelprojekt von „Das Dritte Reich und wir“

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Pfungstädter Bürger*innen haben sich beim bundesweiten Projekt „Das Dritte Reich und wir“ angemeldet und treffen sich am 18. Oktober 2022 zum ersten Mal im Alten Rathaus in Pfungstadt. Im Rahmen des partizipativen Gesamtprojekts erhalten zehn Dörfer und Städte in ganz Deutschland die Möglichkeit, sich mit Spuren des Nationalsozialismus in der eigenen Gemeinde auseinanderzusetzen und die Ergebnisse vor Ort zu präsentieren. Das Einzelprojekt in Pfungstadt wird geleitet von Renate Dreesen und Hans-Christian Beck. „In den letzten Jahren wurde vieles erforscht, aber einiges liegt noch im Dunkeln. Deshalb freuen wir uns darauf, zusammen mit der Justus-Liebig-Universität Gießen und mit allen interessierten Pfungstädter Bürger*innen weiterzuforschen“, so das Einzelprojektleiterduo. Der erste Workshop findet am 18. Oktober 2022 um 17 Uhr im Alten Rathaus statt. Alle Pfungstädter*innen sind herzlich zu dem Termin eingeladen und können dann auch historische Quellen, Fundstücke, Fotos, Postkarten und Erinnerungen aus der Zeit zwischen 1933 und 1945 vorstellen.

„Es gibt unzählige Publikationen zu lokaler NS-Geschichte“, erklärt die Projektleiterin Prof. Dr. Ulrike Weckel das Gesamtprojekt. „Aber nur wenige Bürger*innen haben je persönlich die Geschichte des Nationalsozialismus erforscht“, so die Wissenschaftlerin, die am Historischen Institut der JLU Gießen Fachjournalistik Geschichte lehrt. „Es ist eben ein Unterschied, ob ich eine Dokumentation im Fernsehen über Zwangsarbeit sehe oder ob ich etwas über einen Zwangsarbeiter beim Bauern oder Gastwirt im eigenen Ort erfahre.“ Weckel betont, dass das Projekt nicht moralisieren oder erziehen wolle, sondern Neugier wecken möchte für konkrete Details und Zusammenhänge der NS-Geschichte, die trotz eines gefühlt umfänglichen Wissens gar nicht bekannt seien. „Die Menschen vor Ort brauchen an der ein oder anderen Stelle fachliche Unterstützung, aber keine Professorin, die sich vor ihnen aufstellt und ihnen moralische Lehren erteilt.“

Einzelprojekte entstehen, indem sich aus den Vereinen, der Feuerwehr, den Kirchengemeinden eines Ortes heraus eine Gruppe von Interessierten zusammenfindet. Innerhalb eines Jahres recherchiert die Gruppe zusammen mit dem Projektmitarbeiter Dr. Clemens Tangerding zur NS-Zeit in der Gemeinde und bereitet eine Präsentation vor. In der Gruppe dürften ruhig auch unterschiedliche Ansichten zur Aufarbeitung und divergente politische Haltungen aufeinandertreffen, erklärt der Historiker. „Natürlich kann es Streit darüber geben, wie freiwillig im Einzelfall eine NSDAP-Mitgliedschaft war, was den Einzelnen antrieb und wie wir das heute einordnen und bewerten“, so Tangerding. Aber es gebe keinen Grund dafür, Angst vor etwaigen Konflikten zu haben. „Vereinsmenschen, Feuerwehrleute und Kirchenmitglieder vor Ort haben schon vor diesem Projekt viele schwierige Probleme gelöst.“

„Das Dritte Reich und wir“ ist aus dem Projekt „Feuerwehren in der NS-Zeit“ hervorgegangen. In diesem Projekt arbeiteten vier Freiwillige Feuerwehren die NS-Geschichte ihrer eigenen Wehr auf. „Das Dritte Reich und wir“ ist in Pfungstadt, Dietramszell, München, Oerlinghausen, Egling an der Paar, Heynitz, Radeberg, Sankt Georgen, Gießen und Kraichtal-Neuenbürg aktiv. Es wird gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Bundesministerium des Innern und für Heimat.

-> Download Flyer

www.dasdrittereichundwir.de


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