Das Wella Museum findet eine neue Heimat in Darmstadt

Teilen

WellaDie Zukunft der Sammlung des Wella Museums ist gesichert: Am 4. November 2013 wurde die kulturhistorische Sammlung bestehend aus ca. 3000 Exponaten rund um das Thema Schönheit als Schenkung nahezu komplett an das Hessische Landesmuseum Darmstadt übergeben. So verbleibt die herausragende Sammlung in der langjährigen Wella-Heimat Darmstadt.

„Wir hätten kein besseres neues Zuhause für die Sammlung des Wella Museums finden können“, freut sich Ralf Billharz, Vice President Wella Deutschland, Österreich, Schweiz, „denn sie verbleibt somit fast komplett in der langjährigen Wella-Heimat Darmstadt. Zudem werden viele besonders schöne Exponate in neuem Rahmen einer viel breiteren Öffentlichkeit als bisher zugänglich sein.“

„Die Schenkung dieser einzigartigen Sammlung an das Landesmuseum dokumentiert die enge Verbundenheit des Unternehmens mit der Stadt Darmstadt, seinen Bürgern sowie den kulturellen Einrichtungen. Wir freuen uns, dass die Sammlung weiterhin ihr Zuhause hier bei uns in Hessen hat“, sagte Ministerin Eva Kühne-Hörmann. „Mit ihrer Vielzahl an Einzelstücken rund um das Thema Schönheit wird die Sammlung eine großartige Bereicherung des Museums und sicher auch die künftige Dauerausstellung aufwerten.“

Nach der Wiedereröffnung 2014 werden ausgewählte Exponate in die Dauerausstellungen der Archäologie, des Mittelalters, des Kunsthandwerks und der Graphischen Sammlung integriert und so für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

„Wir waren von Anfang an von der Idee begeistert, die Bestände des Wella Museums übernehmen zu können. Der kulturhistorische Wert ist enorm und stellt eine wunderbare Ergänzung einiger bestehender Sammlungen des HLMD dar. Ich bedanke mich für das Vertrauen, das die Vertreter von Wella/ Procter & Gamble in das HLMD gesetzt haben und freue mich sehr, dass die Sammlung für die Darmstädter Öffentlichkeit erhalten bleibt“, kommentiert Dr. Theo Jülich, Direktor des Hessischen Landesmuseum, die Übernahme der Sammlung.

Anlässlich des 135. Geburtstages von Wella plant das Landesmuseum Darmstadt für das Jahr 2015 eine Sonderausstellung, die sich ganz der Sammlung des Wella Museums widmet. Für den Kulturstandort Darmstadt und das gesamte Rhein-Main-Gebiet ist diese Entscheidung von großer Bedeutung und eine wunderbare Bereicherung.

Im Stadium weitgehend abgeschlossener Detailplanung zur neuen Dauerausstellung erfuhr das Hessische Landesmuseum Darmstadt von der großzügigen Wella Schenkung. Die kulturgeschichtliche Bedeutung und Seltenheit vieler Objekte der Sammlung machten es zu einer Notwendigkeit und ebenso zur Herzensangelegenheit, herausragende Stücke aus dem Wella Museum in die neue Dauerausstellung zu integrieren und dafür die bestehenden Konzepte partiell zu ändern.

Das Wella Museum hat seit 1952 eine auserlesene und hochkarätige, aber auch spektakuläre Sammlung von Objekten, die auch einige kuriose Exponate enthält, rund um das Thema Schönheit zusammengetragen. Es gab weder räumliche noch zeitliche Grenzen. Dieser universelle Anspruch kommt dem Charakter des Hessischen Landesmuseums Darmstadt in hohem Maße entgegen, denn das Haus mit seiner breit aufgestellten Sammlung bietet die Möglichkeit, die neuen Exponate in einen kunst- und kulturgeschichtlichen Zusammenhang einzubetten. So bereichert und ergänzt die Wella Schenkung unterschiedliche Sammlungsbereiche des Hessischen Landesmuseums und wird dadurch neu erfahrbar.

Im besonderen Maße profitiert die Ägyptologie von der Schenkung: Hier entsteht aus der Fülle herausragender Stücke ein neuer Themenschwerpunkt zur Kosmetik und Schönheitspflege.

Archäologie
Von den Sammlungsstücken des Wella Museums datieren rund 350 Objekte ins Altertum. Sie stammen aus der Zeit zwischen dem 4. Jahrtausend v. Chr. und dem 6./7. Jahrhundert n. Chr. und gehören somit in die Archäologische Abteilung.

Die meisten mit gut 100 Stücken und gleichzeitig die ältesten stammen aus Ägypten, gefolgt von etwa 80 Objekten aus der römischen Kaiserzeit und etwa 70 Stücken der klassischen Antike Griechenlands. Hinzu kommen 11 antike Münzen und etwa 80 Objekte der heimischen Vor- und Frühgeschichte, des nahen Orients bis China sowie des präkolumbischen Südamerikas. Unter den Ägyptika stechen insbesondere die beiden hölzernen Sargmasken mit reicher Bemalung, Stuckierung und Vergoldungsresten hervor. Ebenso von Bedeutung sind frühe Schminkpaletten aus der vordynastischen Naqada-Zeit, ein in filigraner Durchbruchtechnik gearbeitetes Khol-Gefäß aus Fayence mit Darstellungen der Gottheiten Hathor, Anubis und Bes sowie das hölzerne, einst mit Goldfolie überzogene Toilettkästchen mit Hieroglyphen, die es als persönlichen Besitz der Königin Ahhotep I. ausweisen.

Die Römischen Kaiserzeit wird unter anderem von einer geheimnisvollen Frauenbüste mit stark personalisierten Gesichtszügen bereichert, vermutlich einer hochrangigen Patrizierin, deren marmorne Porträtbüste mit Ohrringen aufgewertet wurde, von denen nur noch die Befestigungslöcher zeugen. In die Sammlung römischer Bronzeobjekte fügt sich ein Ölgefäß in Form eines Jünglingskopfes ein, den Bereich römischen Kunsthandwerks erweitern fünf Haarnadeln aus Bein, deren oberer Abschluss von Miniaturfiguren römischer Gottheiten gebildet wird.

Aus der Gruppe griechischer Vasen fallen zwei Lekythen und ein Alabastron mit feiner rot- und schwarzfiguriger Malerei ins Auge. Das Bild auf der rotfigurigen Lekythos zeigt eine sitzende Frau beim Blick in den Spiegel, dem Symbol für Schönheit schlechthin. In schwarzfiguriger Technik ist eine rätselhafte Szene dargestellt, in deren Zentrum eine Frau von zwei Männern umworben oder bedrängt wird. Das beindruckend große Alabastron diente als Gefäß für kostbare Salböle, die üppige Dekoration zeigt u. a. Schwäne und Eber.

Mittelalter
In Süditalien entstanden unter dem Einfluss Kaiser Friedrichs II. (1194 – 1250) eine Reihe marmorner Bildwerke, die sowohl frühgotische als auch antikisierende Tendenzen zeigen. Dazu gehört der Kopf eines Propheten, der wohl ursprünglich als Schmuck eines Kirchengebäudes diente. Derartige spätstaufische Skulpturen aus Kampanien sind äußerst selten.

Kunsthandwerk
Zu den besonderen Höhepunkten der überaus zahlreichen kunsthandwerklichen Bestände (1025 Objekte) gehört ein 1795 durch den renommierten Pariser Goldschmied Aucoc gefertigter Toilettkasten. Er war ein Geschenk des späteren Kaisers Napoleon an Joséphine de Beauharnais, die 1776 seine Gemahlin wurde. In einem eleganten, aber schlicht gehaltenen Gehäuse aus Palisander mit Messingeinlagen befinden sich zahlreiche Fläschchen, Dosen, eine große Silberschale und ein montierter Spiegel mit dahinter liegendem Geheimfach. Dass dieses Äquivalent eines heutigen Kulturbeutels auch für eine Kaiserin als würdig genug erachtet wurde, belegt die wahrscheinlich erst nachträglich anlässlich der Krönung des Paares 1804 eingravierte Kaiserkrone.

Von dem exklusiven Frisiertisch einer Pariserin dürfte eine um 1870 entstandene, neunteilige Toilettgarnitur aus vergoldeter Bronze stammen. Die Schauseiten der Bürsten, Dosen und Spiegel tragen, auf guillochiertem roten Email, gerahmte Miniaturen des Malers Anatole Vely. Er bediente sich als Vorlage bei einem der Hauptwerke von Sir Joshua Reynolds, dem 1788 entstandenen und im 19. Jahrhundert häufig kopierten Gemälde „The age of innocence“. Zwei weitere Objekte belegen die besondere Bedeutung Frankreichs als Zentrum der Parfümerie. Im Stil barocker Kunstkammerobjekte erscheint ein um 1830 höchst aufwändig hergestelltes Gefäß aus zwei in vergoldeter Bronze gefassten Perlmuttschalen. Geöffnet offenbart es sich als luxuriöses Behältnis für zwei kleine Flakons, in denen kostbare Essenzen aufbewahrt wurden.

Als Beispiel für eine interessante Werbestrategie darf ein französischer Papierfächer gelten. Hier präsentieren zwei Damen mit eleganten Art-Deco-Frisuren die 1925 lancierten Parfums „Amour, Amour“ und „Que-sais-je?“ des berühmten Pariser Modeschöpfers Jean Patou.

Graphische Sammlung
Parallel zu den Realien hat die Firma Wella eine Graphische Sammlung aufgebaut mit faszinierenden kulturhistorischen Dokumenten. Dabei handelt es sich um 577 Arbeiten auf Papier, Druckgraphiken mit einigen wenigen Handzeichnungen, sowie um 313 historische literarische Schriften, Urkunden und Bücher. Auf eindrucksvolle Weise belegen diese Dokumente die Schönheits-, Körper- und Gesundheitspflege verschiedener Kulturepochen – von der Antike über das Mittelalter hin zu Renaissance, Barock, Klassizismus bis in die Gegenwart. Hinzu kommen Dokumentationen zu Spezialthemen wie Tätowierung oder Haartracht bei außereuropäischen Kulturen sowie ein größerer Bestand an japanischen Farbholzschnitten.

Die Bücher-Sammlung kreist um die Themen Frisur, Friseur, Perückenmacher, Bader, Barbier und Kosmetik. Belegt wird die Entwicklung, der Wandel, bis hin zur Verwissenschaftlichung der Schönheits-, Körper- und Gesundheitspflege. Die wertvollsten Bücher stammen aus der Zeit vom späten Mittelalter bis zu Renaissance und Barock, darunter mit Holzschnitt und Radierung illustrierte seltene Ausgaben, auch prachtvoll geschmückte Exemplare oder rare Einzelstücke.

Herausragend unter den Druckgraphiken sind die gesellschaftskritischen Karikaturen beginnend im 18. Jahrhundert in Großbritannien. Bedeutende Vertreter waren William Hogarth, in seiner Nachfolge die ersten politischen Karikaturisten, darunter James Gillray, Thomas Rowlandson und später George Cruikshank. Blätter von diesen und ihrem Umkreis sind in der Sammlung vertreten.

In Frankreich übten im 19. Jahrhundert hervorragende Zeichner wie Honoré Daumier oder Grandville in satirischen Blättern, etwa „La Caricature“ oder „Le Charivari“, gesellschaftliche Kritik am Spießbürgertum. Vergleichbare Organe erschienen in anderen Ländern: der „Punch“ in London, die „Fliegenden Blätter“ in München oder der „Kladderadatsch“ in Berlin. Aus diesen einschlägigen satirischen Zeitungen sind in den Beständen des Wella Museums etliche Blätter, die den genannten Themenbereichen entsprechen, vertreten.

Im 20. Jahrhundert sind in der Sammlung auch wenige autonome Kunstwerke zum Thema „Frisur/Friseur“ vertreten, erwähnt seien zwei Lithographien von Pablo Picasso „Frauen bei der Toilette“ oder die Radierung „Barbierstube“ von Erich Heckel aus dem Jahr 1912.

Quelle: Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst


Teilen