Eine bedeutende Auszeichnung für das denkmalpflegerische Engagement der TU: Die historischen Vorstadt- und Gefängnismauern an der Erich-Ollenhauer-Promenade haben den Hessischen Denkmalschutzpreis in der Kategorie „Öffentliche Bauten“ gewonnen. Die TU hatte die Mauer-Anlage drei Jahre lang sanieren lassen und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Das Stück Stadtgeschichte lädt seitdem zum Begehen, Beschauen und Erinnern ein.
Die Sanierung der alten Stadtmauer überzeugte die Jury nicht allein durch ihre „hervorragende Umsetzung“. Besonders gewürdigt wurde auch der ideelle Ansatz, den vergessenen Ort zu erhalten und der Öffentlichkeit zurückzugeben. „Der sorgsame Umgang mit den verschiedenen Zeitschichten und die individuellen Lösungen, um diese auch für Besucherinnen und Besucher erleb- und wahrnehmbar zu erhalten, rundeten ein insgesamt vorbildliches Projekt ab“, so die Begründung der Jury.
„Ich freue mich sehr, dass wir für die aufwändige Sanierung der Gefängnisschleuse, einem für die hessische Geschichte herausragenden Ort in Darmstadt, eine so hohe Anerkennung erfahren haben. Damit wird unser Engagement zum Erhalt und Pflege unserer Immobilien auf besondere Weise gewürdigt“, so TU-Kanzler Dr. Manfred Efinger. „Ich bedanke mich bei allen Beteiligten, die durch Ihren individuellen, weit überdurchschnittlichen Einsatz zu diesem Gesamtkunstwerk beigetragen haben.“
Die Anlage besteht aus zwei parallel verlaufenden Mauern, die einen 57 Meter langen und 2,50 Meter breiten Gang bilden. Die Bruchsteinwände gehören zu einem Abschnitt der ehemaligen Befestigung um die Alte Vorstadt aus dem 17. Jahrhundert. Bei den Mauern handelt es sich gleichzeitig um die steinernen Reste des Gefängnisses, das 1834 eröffnet und erst 1970 abgerissen wurde. Der Gang zwischen den Mauern führte zum Frauengefängnis. Nach 1933 inhaftierte, verhörte und folterte die Gestapo politische Gefangene, Jüdinnen und Juden an diesem Ort, später waren Kriegsgefangene sowie Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter dort eingepfercht.
Bis sich die TU der Anlage annahm, war dieses Denkmal der Stadtgeschichte beinahe in Vergessenheit geraten. Über Jahrzehnte war der Gang völlig zugewachsen. Das Eingangstor war nicht mehr zu sehen. In enger Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde Darmstadt und dem Landesamt für Denkmalpflege Hessen sanierte die TU von April 2019 bis November 2021 die Mauern und gestaltete die Außenanlagen neu. Eine anspruchsvolle Arbeit: Aufgrund der Vielzahl der Spuren aus verschiedenen Umbau- und Umnutzungsphasen musste das Sanierungskonzept immer wieder angepasst werden. Die Arbeiten förderten auch Überraschungen zutage. So wurden nicht nur zwei historische Tore aus dem 19. Jahrhundert entdeckt, sondern auch vier Schießscharten. Die über die Jahrhunderte durch Einbauten oder Reparaturstellen aus Ziegeln, Putz und Teilen anderer Gebäude (Spolien) entstandenen Oberflächen wurden bei der Mauersanierung vorsichtig abgenommen und beim Neu-Verfugen der Mauern wieder an Ort und Stelle platziert. Die Spuren der Zeit sollten erhalten bleiben.
Im Dezember des vergangenen Jahres wurden die sanierten Mauern durch die TU wieder an die Stadt und ihre Bürger übergeben, als „symbolisches Geschenk zum Weltkulturerbe“. Der historische Gang ist als Raum für Ausstellungen und als Ort der Erholung und der Erinnerung gedacht. Einen zeitgenössischen gestalterischen Akzent im Inneren setzt das abstrakte Kunstwerk „Vielleicht ein Blatt“ von Erwin Wortelkamp.
Der Hessische Denkmalschutzpreis wird jährlich für denkmalpflegerische Maßnahmen verliehen, die im Rahmen der gegebenen Voraussetzungen durch individuelle Lösungen, handwerklich-technische Qualität und besonderes Engagement als Vorbild wirken und zum Nachahmen anregen.
Bild Claus Völker / TU Darmstadt
Quelle: TU Darmstadt