Fünf Jahre Malteser Migranten Medizin in Darmstadt: Patientenzahl steigt dramatisch

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Malteser HilfsdienstSie behandeln Patienten, die es gar nicht geben dürfte: Menschen ohne Krankenversicherungsschutz, Deutsche und Ausländer, die von der medizinischen Grundversorgung ausgeschlossen sind. Die Malteser Migranten Medizin feiert am Freitag, 21. Oktober 2011, im „darmstadtium“ ihr fünfjähriges Bestehen und zieht eine ernüchternde Bilanz. Die Zahl der Patienten, die die ärztliche Sprechstunde für Menschen ohne Krankenversicherung aufsuchen, ist in den vergangenen Jahren dramatisch gestiegen: 2011 nahmen 42 Prozent mehr Menschen die Hilfe in Anspruch als 2007. Insgesamt behandelten die Malteser seit der Gründung über 3.300 Patienten ehrenamtlich und kostenlos.

10.000 Menschen in Darmstadt ohne medizinische Versorgung
„Die steigende Patientenzahl ist ein dramatischer Beleg dafür, dass in Deutschland bis zu eine Million Menschen keinen Zugang zur medizini-schen Versorgung hat“, sagt Markus Schips, Geschäftsführer der Malteser im Bistum Mainz. Im Großraum Darmstadt leben etwa 10.000 von ihnen: Es sind EU-Bürger ohne Versicherungsschutz, Migranten ohne gültigen Aufenthaltsstatus, Touristen und Menschen, die Freunde oder Familie in Deutschland besuchen. Aber auch Deutsche, die ihre Krankenversiche-rungsbeiträge nicht mehr aufbringen können, suchen Hilfe bei den Maltesern. „Aus finanzieller Not gehen die Menschen nicht zum Arzt, bis sich ihr Gesundheitszustand so verschlimmert, dass er lebensbedrohlich wird“, sagt Dr. Wolfgang Kauder. Der Ärztlicher Leiter der Malteser Migranten Medizin in Darmstadt berichtet von einem älteren Polen, der in der kleinen Gastwirtschaft seines Sohnes mitgearbeitet hat. Über ein Jahr lang quälte den Mann heftiger Husten, der ihn immer mehr schwächte. Zum Arzt ging er nicht, weil ihm das Geld für die Behandlung fehlte. Erst als er mit den Kräften vollkommen am Ende war, suchte der Pole die Malteser Migranten Medizin auf. Dr. Wolfgang Kauder diagnostizierte Krebs. Den rechten Lungenflügen hatte er bereits vollkommen zerstört. „Ich konnte nichts mehr für den Mann tun, außer ihm mit Medikamenten den Schmerz zu nehmen“, so Kauder. Drei Monate später starb der Pole. „Der Sohn hat uns nach dem Tod seines Vaters noch einmal besucht und sich für die Hilfe mit einer Spende gedankt“, sagt Dr. Wolfgang Kauder.

3.300 Patienten aus 78 Ländern
Die Malteser Migranten Medizin Darmstadt wurde im Dezember 2006 gegründet. Seitdem behandelte das Team um Dr. Wolfgang Kauder über 3.300 Patienten aus 78 Ländern. Die meisten stammen aus Afrika, Polen und Serbien. 20 Prozent der Patienten waren Deutsche, hauptsächlich ehemals Privatversicherte. Schwangerschaften, Erkrankungen des Bewegungsapparates sowie neuropsychiatrische Krankheiten sind die häufigsten Gründe, die Einrichtung aufzusuchen.

Immer mehr EU-Bürger suchen Hilfe
Während 2007 565 Personen in die Malteser Migranten Medizin kamen, werden es dieses Jahr vorsichtigen Schätzungen nach 800 Patienten sein. „Der Anstieg der Patientenzahlen resultiert hauptsächlich aus der visafreien Zureise von Bürgern aus den neuen EU-Ländern oder Anwartstaaten, insbesondere Polen, Rumänien, Bulgarien und Serbien“, sagt Dr. Wolfgang Kauder, „Sie gehen unsicheren Arbeitsverhältnissen nach, sind scheinselbständig oder haben fragwürdige Gewerbe angemeldet. Die allermeisten sind unversichert, was auch für die in vielen Fällen mitgebrachten Familienangehörigen zutrifft.“

66 Fachärzte behandeln Patienten ehrenamtlich
In der Malteser Migranten Medizin finden Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus und Menschen ohne Krankenversicherung einen Arzt, der die Erstuntersuchung und Notfallversorgung übernimmt. Jeden Donnerstag von 9 bis 13 Uhr bietet Dr. Wolfgang Kauder im Marienhospital Darmstadt eine Sprechstunde an, die für die Patienten kostenlos und anonym ist. Auch Behörden und Einrichtungen wie „pro familia“, das Frauenhaus und die Agentur für Arbeit mitsamt der Arge, die Darmstädter Tafel, das Gesundheitsamt, die Caritas sowie die Kirchen weisen den Maltesern immer wieder Patienten zu. Die Vernetzung mit 66 niedergelassenen Fachärzten im Großraum Darmstadt und Kooperationen mit Kirchen, Verbänden und Vereinen ermöglichen weitere Hilfe.

Auf Spenden angewiesen
Dr. Wolfgang Kauder und sein Team arbeiten ehrenamtlich. Die Behandlung ist für die Patienten kostenlos. Um die entstehenden Kosten – jährlich rund 20.000 Euro – zum Beispiel für Medikamente oder Operationen zu begleichen, sind die Malteser auf Spenden angewiesen. Spendenkonto: Pax-Bank eG Köln, BLZ 370 601 93, Konto 4 001 155 011, Kennwort MMM-Darmstadt.

Malteser Migranten Medizin deutschlandweit in elf Städten
Bundesweit gibt es die Malteser Migranten Medizin in elf Großstädten. Die erste Einrichtung wurde 2001 in Berlin gegründet. In den vergangenen zehn Jahren konnten die Malteser 32.400 Menschen helfen. Weitere Informationen: www.malteser-migranten-medizin.de.

Quelle & Bild: Malteser Hilfsdienst in Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland


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