Vor 78 Jahren, am 15. März 1943, wurden die Darmstädter Sinti von ihren Wohnungen und Arbeitsplätzen abgeholt, an den Güterbahnhof in Darmstadt verbracht und nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Bereits zuvor waren sie systematisch entrechtet und ausgegrenzt worden: Ihre Ausweisdokumente wurden mit einem ‚Z‘ markiert, sie durften ihre Wohnorte nicht mehr verlassen, mussten teilweise Zwangsarbeit leisten und der Kontakt zur Mehrheitsgesellschaft wurde eingeschränkt. Die unmenschlichen Bedingungen in Auschwitz-Birkenau überlebten nur die wenigsten. Insgesamt forderte der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma rund eine halbe Million Opfer.
„Dies ist ein Menschheitsverbrechen, das, wie die menschenvernichtende Politik des Naziregimes insgesamt, uns auch noch nach Jahrzehnten fassungslos macht – und beschämt“, erklärt Oberbürgermeister Jochen Partsch. „Dieses Verbrechen geschah nicht irgendwo, sondern es vollzog sich hier, mitten in unserer Stadt, vor den Augen und mit Wissen der Darmstädterinnen und Darmstädter. Dessen müssen wir uns stets eingedenk sein. Wir denken mit Trauer an die Opfer, und wir nehmen die Geschichte als Auftrag, wachsam zu sein und allen Tendenzen des Rassismus und der gesellschaftlichen Intoleranz entschlossen die Stirn zu zeigen. Die Verantwortung, Rassismus, Antisemitismus und Antiziganismus nicht zuzulassen, tragen wir alle gemeinsam.“
„Auch in diesem Jahr kommen wir gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde und der Stadt Darmstadt am Güterbahnhof zusammen, um der Verfolgten zu gedenken. Indem wir ihre Geschichten erinnern, zollen wir ihnen nicht nur Respekt und benennen das damalige Recht als Unrecht. Vielmehr erinnern wir ebenfalls uns unserer Aufgabe, dass sich dieser Schmerz und diese Vernichtung niemals wiederholen dürfen“, mahnt Adam Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma. „Doch dieses Jahr ist für uns nicht irgendein Jahr des Erinnerns. Bereits seit einigen Jahren beobachten wir mit Besorgnis den erstarkenden Nationalismus und Rassismus. Dieses Jahr jährt sich der rassistische Anschlag in Hanau zum ersten Mal. Zugleich beobachten wir in den letzten Monaten mit Schrecken eine Häufung von antiziganistischen Vorfällen; sei es bei der Polizei oder in den Medien. Diese zu erkennen und ihnen entschlossen entgegen zu treten ist unser aller Verantwortung.“
Anlässlich des 78. Jahrestages der Deportationen findet am 14. März 2021 um 14 Uhr eine gemeinsame Gedenkstunde am Denkzeichen Güterbahnhof statt. Aufgrund der Covid-19-Pandemie findet die Veranstaltung im digitalen Format statt. Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, die Veranstaltung per Live-Stream unter https://youtu.be/9ZH2X7c9UaE mitzuverfolgen.
Die Gedenkveranstaltung findet in Kooperation zwischen dem Hessischen Landesverband Deutscher Sinti und Roma, Wissenschaftsstadt Darmstadt, Jüdischer Gemeinde Darmstadt und der Initiative Denkzeichen Güterbahnhof statt.
Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt