Der ganzheitliche Ansatz spart Energie – Modellprojekt „ETA-Fabrik“ startet an der TU Darmstadt

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karo 5Unter der Federführung des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt ist am Dienstag (11.06.13) das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) und Land Hessen geförderte Projekt ETA-Fabrik mit einer feierlichen Auftaktveranstaltung gestartet. In dieser Modellfabrik soll künftig fachübergreifend geforscht werden. Von den Maschinen bis zur Gebäudeausrüstung und Gebäudehülle ist alles darauf ausgerichtet, Energie ganzheitlich optimal zu nutzen und den Energiebedarf zu senken.

Anfang Mai war das Projekt vom BMWi genehmigt worden. Das Land Hessen stellt für die Realisierung der ETA-Fabrik insgesamt 1,2 Millionen Euro bereit. Insgesamt wird die ETA-Fabrik von Bund, Land und der TU Darmstadt mit rund elf Millionen Euro gefördert. Davon kommen rund zwei Millionen Euro aus dem Budget der TU. Weitere rund vier Millionen Euro haben bereits Partner aus der Industrie zugesagt.

Die Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva Kühne-Hörmann, sagt, dass die Verbesserung der Energieeffizienz eines der zentralen Handlungsfelder des Konzepts der Landesregierung zum Energiegipfel darstelle. „Der Projektverbund ETA-Fabrik geht dabei über den engeren Arbeitsbereich des Wirtschaftsingenieurs hinaus: Es geht nicht nur um eine prozesstechnische Innovation und darum, wie diese möglichst kostengünstig umgesetzt werden kann. Zum Arbeitsprogramm gehört vielmehr auch der Transfer einerseits in die Industriebetriebe über die Fortbildung der dort Beschäftigten und andererseits in die Lehre der Hochschulen durch entsprechende Innovationen.“

Finanzstaatssekretärin Prof. Dr. Luise Hölscher erklärt: „Das Projekt ETA-Fabrik leistet einen wichtigen Beitrag zur Erforschung weiterer Optimierungsmöglichkeiten der Energieeffizienz. Die interdisziplinär angelegte Forschungsgruppe wird dazu beitragen, neue Wege im Bereich der Entwicklung klimafreundlicher Fertigungsverfahren zu beschreiten.“ Sie fügt hinzu: „Mit dem Projekt setzt die Technische Universität Darmstadt ein wichtiges Signal hinsichtlich des internationalen Wettbewerbs um Innovationen. Die Hessische Landesregierung wird die Forschung weiterhin unterstützen und mit ihrer eigenen Energieeffizienzstrategie, die das Ziel einer klimaneutral arbeitenden Landesverwaltung bis 2030 hat, vernetzen.“
Als „Pilotprojekt“ sieht Professor Dr. Hans Jürgen Prömel, Präsident der TU Darmstadt, die ETA-Fabrik. Sie schafft Synergien zwischen der Produktionstechnik und der Energieforschung an der TU Darmstadt und bündele Wissen und Kompetenzen aus verschiedenen Fachbereichen. „Die ETA-Fabrik eröffnet wichtige Perspektiven für die Zukunft.“

Die Energieeffizienz in der Industrie ist ein bisher kaum beachtetes und erschlossenes Potenzial, das zunehmend zum erfolgskritischen Faktor für die Energiewende wird. Der Sektor Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung verbraucht in Deutschland 42 Prozent der Energie (Stand: 2009). Energiekosten werden für Industrieunternehmen zunehmend auch wirtschaftlich bedeutend. Der Anteil der Energiekosten an der Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe beträgt heute bereits sechs Prozent. In wichtigen Exportmärkten wie China liegen die Kosten pro Kilowattstunde Energie in etwa auf dem Niveau in Mitteleuropa, so dass hier die Energiekosten in Betrieben die Personalkosten übersteigen können. Weltweit steigende Energiekosten werden die wirtschaftliche Relevanz von Effizienzlösungen für die Industrie vorantreiben.

Während bereits gut bekannt ist, mit welchen wichtigen Maßnahmen sich die Ressourcen- und Energieeffizienz an einzelnen Produktionsmaschinen steigern lässt, liegt ein bisher noch kaum erschlossenes Potenzial in der Weiternutzung der beim Maschinenbetrieb entstehenden Abwärme. Mittels thermischer Speichertechnik und Technik zur Energietransformation kann diese Energie gespeichert und wieder abgegeben werden – wann und wo sie gebraucht wird.

Der Herausforderung Energiewende interdisziplinär begegnen

„Der Herausforderung Energiewende müssen wir interdisziplinär begegnen“, sagt Professor Dr. Eberhard Abele, geschäftsführender Leiter des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt. Für die Forschung heißt das: Das Erschließen dieser Energieeinsparpotenziale ist nur mit einem systemischen Ansatz möglich – wenn Architekten, Bauingenieure, Fachplaner der technischen Gebäudeausrüstung und Produktionsingenieure einbezogen werden. Dabei verspricht eine vernetzte Betrachtung des Gebäudes, der technischen Gebäudeinfrastruktur und der Produktionsmaschinen ein insgesamt höheres Energieeinsparpotenzial, als wenn jede Komponente für sich optimiert wird und die Einzelersparnisse dann summiert werden.

Zu diesem Zweck hat sich eine Gruppe aus Wissenschaftlern verschiedener Fachgebiete des Maschinenbaus, Bauingenieurwesens und der Architektur zusammengeschlossen, um im Forschungsprojekt „ETA-Fabrik“ eine hoch energieeffiziente Modellfabrik zu entwickeln. Sie ermöglicht sowohl die thermische als auch die elektrische Interaktion der Maschinen untereinander, bezieht aber auch das Gebäude in die Betrachtung ein. In der ETA-Fabrik werden für die Metallbearbeitung repräsentative Produktionsanlagen unter Energieeffizienzaspekten analysiert und optimiert. Als Referenz dient eine Produktionsprozesskette zur Herstellung eines Bauteils des Industriepartners Bosch Rexroth, die die Schritte Zerspanung in Weich- und Hartbearbeitung, Wärmebehandlung und diverse Zwischen- und Endreinigungsprozesse umfasst. Dementsprechend wird sich der Maschinenpark der ETA-Fabrik aus Werkzeugmaschinen, Reinigungsmaschinen und einem Ofen zur Wärmebehandlung zusammensetzen. Die typischerweise ungenutzte Abwärme der Wärmebehandlung wird dann zum Beispiel im Rahmen der ETA-Fabrik als Wärmequelle fungieren, um den Wärmebedarf der Reinigungsanlagen oder über eine Absorptionskälteanlage den Kältebedarf der Werkzeugmaschinen zu decken. Außerdem sorgt die Abwärme für eine bedarfsgerechte Hallenklimatisierung.

Pilotprojekt mit Leuchtturmcharakter

„Die ETA-Fabrik soll sich zu einem Projekt entwickeln, das international als Leuchtturm wahrgenommen wird“, sagt Eberhard Abele. Vorgesehen ist das Projekt für eine dreigliedrige Nutzung: Neben den diversen Forschungsaktivitäten zum Thema Energieeffizienz soll sie als Grundlage für die fachdisziplinübergreifende Ausbildung des ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchses an der TU Darmstadt und der Weiterbildung von Kompetenzträgern in der Industrie Verwendung finden.

Weitere Informationen finden sich auf der Homepage: http://www.eta-fabrik.de.

Quelle: TU Darmstadt


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