Die Technische Hochschule im „Dritten Reich“ – Präsidium beschließt wissenschaftliche Aufarbeitung der NS-Zeit

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Die Technische Universität Darmstadt wird ihre Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus umfassend und systematisch wissenschaftlich aufarbeiten. Dazu hat das Präsidium der Universität ein Forschungsprojekt ins Leben gerufen, das die Rolle der ehemals Technischen Hochschule Darmstadt in der NS-Zeit und den Umgang mit ihr in der Zeit danach analysieren und in einer Gesamtdarstellung zusammenfassen soll.

tu_darmstadt3„Um das Verhalten der damals handelnden Personen fair und fundiert bewerten zu können, ist eine gewissenhafte Aufarbeitung unabdingbar“, erklärte der Präsident der Technischen Universität Darmstadt, Prof. Dr. Hans Jürgen Prömel. Die TU folge damit dem guten Beispiel anderer Universitäten und Wissenschaftsorganisationen, die ihre Rolle in der NS-Zeit grundlegend aufgearbeitet haben. Das aus Eigenmitteln finanzierte und zunächst auf zwei Jahre angelegte Forschungsvorhaben wird die Jahre zwischen 1930 und 1960 umfassen. Damit setzt es bereits zu einem Zeitpunkt ein, an dem die NSDAP zur Massenbewegung aufstieg, und nimmt ebenfalls die Entnazifizierung, Wiedergutmachung und Berufungspolitik an der TU in der Nachkriegszeit in den Blick.

Die Forschung in Darmstadt maßgeblich vorantreiben werden mit Melanie Horn und Isabel Schmidt zwei junge Historikerinnen der TU, die im Rahmen des Projekts promovieren. Das Hauptaugenmerk ihrer Arbeiten wird auf dem wissenschaftlich-militärisch-industriellen Komplex an der TH Darmstadt in der NS-Zeit liegen. Weiterhin ist vorgesehen, anhand von Personalakten und Nachlässen aus den Archiven der TU sowie der Stadt Darmstadt die Vertreibung von Wissenschaftlern und Studierenden in der NS-Zeit zu dokumentieren. Zu speziellen Sonderaspekten ist geplant, am Institut für Geschichte verschiedene Bachelor- und Masterarbeiten zu vergeben.

Umfangreiche Vorarbeiten

Der Projektleiter Prof. Dr. Christof Dipper vom Institut für Geschichte wies darauf hin, dass die Universität auf umfangreiche Vorarbeiten zurückgreifen kann. Als Beispiele seien die 1998 herausgegebene, sechsbändige Geschichte der TU Darmstadt ebenso zu nennen wie die Dokumentationen der Ringvorlesungen zum Thema aus den Wintersemestern 1986/87 und 2003/04 sowie vom Sommersemester 2008. Die Dokumentation zur letzten Ringvorlesung ist unter dem Titel „Selbstmobilisierung der Wissenschaft“ soeben bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft Darmstadt erschienen. Mit zahlreichen Aufsätzen renommierter Wissenschaftler beleuchtet der Sammelband die Geschichte der Technischen Hochschulen in der NS-Zeit. Mit der Untersuchung lokaler Besonderheiten an unterschiedlichen Hochschulen macht der Band spezielle Phänomene der Gleichschaltung bzw. freiwilligen „Selbstmobilisierung“ verständlicher und verdeutlicht, dass das NS-Regime mit der Kopplung von Theorie und Praxis für den „Wehrstaat“ eine anwendungsbezogene Forschung unterstützte.

Hochrangige wissenschaftliche Expertise

Zum Kreis der im Projekt engagierten Wissenschaftler gehören weiterhin ein wissenschaftlicher Beirat sowie eine wissenschaftliche Kommission. Für den wissenschaftlichen Beirat konnte die TU drei namhafte externe Wissenschaftshistoriker gewinnen: Prof. Dr. Helmut Maier (Ruhr-Universität Bochum), Prof. Dr. Wolfgang Schieder und Prof. Dr. Margit Szöllösi-Janze (beide Universität zu Köln) werden die Projektmitarbeiter beraten und unterstützen. Der wissenschaftlichen Kommission gehören neben dem Projektleiter Prof. Dr. Dipper folgende Professoren der TU Darmstadt an:

  • Prof. Dr. Werner Durth, Architektur
  • Prof. Dr. Mikael Hård, Wissenschafts- und Technikgeschichte
  • Prof. Dr. Dietmar Hennecke, Maschinenbau
  • Prof. Dr. Andreas Hoppe, Material- und Geowissenschaften
  • Prof. Dr. Heiner Knell, Archäologie

Weitere Informationen zum Projekt: www.tu-darmstadt.de/universitaet/praesidium/th_nszeit

Quelle: TU Darmstadt


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