Industrie schiebt Konjunktur

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Die Konjunkturumfrage der IHK Darmstadt zum Jahresanfang 2022 zeigt: Es ist kein sehr guter, aber ein guter Start ins neue Jahr. Die Industrie bleibt die treibende Kraft, in Handel und Dienstleistungen gibt es viel Licht und Schatten. Als größtes Risiko für die weitere wirtschaftliche Entwicklung werden die Energie- und Rohstoffpreise genannt.

Die südhessische Wirtschaft ist gespalten. Industrie und industrienahe Dienstleister sind noch immer Motor der konjunkturellen Entwicklung. Teile des Einzelhandels und der Dienstleister fallen aber zurück, sie spüren die pandemiebedingten Einschränkungen deutlich. Sorgen bereitet der Wirtschaft der explosionsartige Anstieg der Energiepreise der letzten Wochen und Monate. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar, für die sie rund 900 Unternehmen aus der Region befragt hat.

Geschäftsklimaindex gibt leicht nach

„Die vierte Coronawelle hat ihre Spuren hinterlassen. Nicht alle Unternehmen konnten den Schwung aus dem letzten Herbst mit ins neue Jahr nehmen“, fasst IHK-Präsident Matthias Martiné zusammen. „Die Verwerfungen der Pandemie ließen es nicht zu“. Gegenüber Herbst 2021 verliert der IHK-Geschäftsklimaindex drei Punkte. Er beträgt jetzt 109 Punkte, liegt damit aber noch über der Wachstumsschwelle von 100.

Aktuell beurteilen 34 Prozent aller Unternehmen in Südhessen ihre Lage als gut, 49 Prozent als befriedigend, 17 Prozent als schlecht. Gegenüber Herbst gibt der Saldo aus zufriedenen und unzufriedenen Unternehmen sieben Punkte ab, er liegt jetzt bei plus 17 Prozentpunkten. „Lieferengpässe und vierte Coronawelle haben die Wirtschaft klar ausgebremst“, so Martiné.

Die kommenden Monate sehen die südhessischen Unternehmen verhalten optimistisch. 19 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der Situation, 17 Prozent malen die Zukunft in düsteren Farben. 64 Prozent sind davon überzeugt, dass sie ihr Niveau halten können. Damit beträgt der Erwartungssaldo plus zwei Prozentpunkte, gegenüber der Vorumfrage bleibt nahezu unverändert (plus einen Punkt).

Investitionen ziehen an

„Zum ersten Mal seit Beginn der Pandemie löst sich die Investitionsbremse, das ist ein sehr positives Signal“, hebt der IHK-Präsident hervor. In den letzten eineinhalb Jahren haben viele Unternehmen von der Substanz gelebt, das ist fürs Erste vorbei. „Die Unternehmen wollen wieder investieren. Es ist kein Quantensprung, aber die Richtung stimmt.“ Vor allem die Industrie will ihre Ausgaben für Investitionen erhöhen, trotz der anhaltenden Probleme mit den Lieferketten. „Die sprunghaft gestiegenen Energiekosten könnten den Investitionsabsichten allerdings einen Strich durch die Rechnung machen“, mahnt Martiné.

Das Exportklima beurteilen die südhessischen Unternehmen positiv, qualifiziertes Personal wird wie immer gesucht.

Energiepreise größtes Risiko

Erstmals nennen die Unternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für die weitere Entwicklung. Denn die Kosten für Energie sind auf Rekordhöhen, ein baldiges Ende der Rallye ist nicht in Sicht. Vor allem der Gaspreis zieht immer weiter an, gegenüber 2015 hat er sich verdreifacht. „66 Prozent der befragten Unternehmen sorgen sich wegen der Energiepreise, in energieintensiven Wirtschaftszweigen der Industrie sind es bis zu 90 Prozent“, berichtet Martiné. Deutschland ist im internationalen Vergleich bei den Strompreisen Spitzenreiter. Haupttreiber dafür ist der Staat, allen voran mit der EEG-Umlage, der Stromsteuer sowie den Kosten für CO2-Emissionszertifikate. „Insbesondere im internationalen Wettbewerb können unsere Unternehmen diese nationale Sonderlast nicht schultern“, stellt der IHK-Präsident fest. Wie eine Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt, können viele Betriebe die Belastung nur auffangen, indem sie an anderer Stelle wie Forschung, Entwicklung oder Umweltschutz sparen.

Entlastung schaffen

Die Ankündigung der Bundesregierung, die EEG-Umlage nun schon zum 1. Juli auslaufen zu lassen, begrüßt der IHK-Präsident. „Wenn die Politik es ernst meint, dann legt sie jetzt nach. Den energieintensiven Unternehmen bringt diese Maßnahme nichts, sie waren von der EEG-Umlage ohnehin nicht betroffen, tragen aber umso schwerer an den hohen Energiepreisen“, sagt Martiné. Zwei von drei Euro erwirtschaftet die südhessische Industrie im Ausland, so der IHK-Präsident weiter. „Ich kann die Politik hier nur dringlich auffordern, diesem Thema höchste Priorität beizumessen und auf andere Weise eine Entlastung für energieintensive Unternehmen zu schaffen. Warum riskieren wir, dass deswegen in anderen Ländern investiert wird und dadurch Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Einkommen in Deutschland verloren gehen?“ Es sei noch nicht zu spät, diese Entwicklung zu verhindern.

Der vollständige Konjunkturbericht der IHK Darmstadt zum Jahresbeginn steht im Internet.

Quelle: Industrie- und Handelskammer (IHK) Darmstadt Rhein Main Neckar


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