Magistrat nimmt Waldzustandsbericht 2021 zur Kenntnis

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Der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat in seiner Sitzung vom Mittwoch (19.01.22) den Waldzustandsbericht 2021 zur Kenntnis genommen. Als Teilergebnis des Runden Tisches Wald, dessen Einrichtung durch Magistrat und Stadtverordnetenversammlung im Sommer 2019 beschlossen wurde und dessen Abschlussbericht die Stadtverordnetenversammlung im Mai 2021 zugestimmt hat, soll für den Stadtwald Darmstadt künftig jährlich ein Waldzustandsbericht erstellt werden, in dem der Waldzustand erfasst und dokumentiert wird. Der Abschlussbericht wird nun den parlamentarischen Fachausschüssen und der Stadtverordnetenversammlung zur Kenntnis vorgelegt.

„Die Erhebung des Waldzustands gehört zur grundlegenden Analyse des Zustands unseres West- und Ostwaldes und liefert differenzierte, kleinräumige Erkenntnisse, welche im weiteren Prozess ermöglichen, die richtigen Maßnahmen zum Schutz des Ökosystems Wald ableiten und ergreifen zu können“, erläutert Umweltdezernent Michael Kolmer. „In Zusammenarbeit mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen, wurde ein Stichprobendesign für den Waldzustandsbericht erarbeitet und zwischen Mitte Juli bis Mitte August 2021 zum 2. mal eine dezidierte engmaschige Erhebung des Waldzustands im Stadtwald Darmstadt durchgeführt. Es wurde hierfür ein dichtes Aufnahmeraster (Raster 250 Meter mal 250 Meter) gewählt, um eine hohe Auflösung der Ergebnisse getrennt nach den standörtlich und klimatisch sehr unterschiedlichen Waldgebieten des West- und Ostwaldes zu erzielen. Die Ergebnisse sind erneut nicht überraschend und dennoch alarmierend“, so Kolmer. Insbesondere im Westwald, der sich in der Rheinebene auf trockenen und substratarmen Standorten erstreckt, ist der Waldzustand in einem sehr kritischen Zustand. Die Schäden sind hier höher als im hessischen Landesdurchschnitt – wenngleich auch der hessische Waldzustandsbericht mehr als besorgniserregend ist.

„Vornehmlich ursächlich für den akuten Schädigungsgrad der Wälder sind nach dem vorliegenden Gutachten, ganz offensichtlich klimatische Faktoren. Eine Zunahme von sommerlichen Hitzeperioden und langanhaltende Dürrephasen führten in Kombination mit milden Wintern und niederschlagsarmen Frühjahrsmonaten in den Jahren 2018 bis 2020 zu einer deutlichen Belastung der Wälder. Sind im Ostwald noch insgesamt 58 Prozent der erfassten Bäume ungeschädigt oder nur schwach geschädigt, fällt diese Bilanz für den Westwald mit seinen sandigen Böden, nach inzwischen drei klimawandelbedingt viel zu trocken und heißen Sommern sehr viel dramatischer aus: nur 34 Prozent sind ungeschädigt oder nur schwach geschädigt, 37 Prozent mittelstark, 15 Prozent sind stark geschädigt und 14 Prozent zum Zeitpunkt der Erhebung bereits abgestorben. Der Witterungsverlauf in der Vegetationszeit 2021 mit zu trockenem Frühjahr oder überdurchschnittlichen Niederschlägen und durchschnittlichen Temperaturen in den Sommermonaten haben für eine leichte Entspannung gesorgt“, so Kolmer weiter.

Zusätzlich zur reinen Erhebung des Vitalitätsbestandes der Baumkronen wurde 2021 an allen 297 Stichprobenpunkten der Waldzustandserhebung eine Bestands- und Wildverbissaufnahme durchgeführt, um den Waldaufbau und das natürliche Vegetationspotenzial (Naturverjüngung) zu untersuchen. Viele Bestände im Stadtwald Darmstadt sind durch den hohen Schädigungsgrad stark aufgelichtet. Insbesondere im Westwald ist der Anteil an Waldflächen mit einem Deckungsgrad unter 50 Prozent des Haupt- und Zwischenstandes sehr hoch. Sowohl im West- als auch im Ostwald haben sich jedoch auf diesen zur Verjüngung prädestinierten Flächen bisher nur wenige Jungpflanzen angesiedelt. Dies kann zum einen auf die extrem trockene und heiße Witterung der vergangenen Jahre zurückgeführt werden, anderseits gefährdet in weiten Teilen des Westwaldes die immer wiederkehrende hohe Population von Maikäferengerlingen eine zunehmende Verjüngung der Bestände.

Vor allem in den lichten Wäldern des Westwaldes ist auch eine zunehmende Ausbreitung gebietsfremder, invasiver Arten festzustellen, die gegenüber heimischen Arten mit einer sehr hohen Konkurrenzkraft auftreten. Zu nennen sind hier beispielsweise die spätblühende Traubenkirsche und der Götterbaum.

Sowohl weite Teile des südlichen Westwaldes aber auch größere zusammenhängende Gebiete im Ostwald weisen keine oder nur eine geringe Anzahl an Jungpflanzen auf. Im Ostwald ist dies an den meisten Punkten augenscheinlich auf eine relativ geschlossene Bestandsstruktur zurückzuführen, die wenig Licht auf den Boden lässt, so dass sich nur wenige Jungpflanzen ansiedeln können. Im deutlich aufgelichteten Westwald ist die geringe Anzahl an Jungpflanzen offensichtlich durch unwirtliche klimatische Bedingungen der vergangenen Jahre sowie die insbesondere im südlichen Teil mitunter hohen Maikäferpopulation im Boden begründet.

Zur Sicherstellung einer Waldverjüngung sind zudem angepasste Wildbestände von großer Bedeutung. Die integrierte Erhebung zur Verbisssituation zeigt, dass etwa ein Drittel der vorhandenen Bäume mit einer Höhe zwischen 20 und 100 Zentimeter an den Punkten der Waldzustandserhebung verbissen sind. Dabei wird die Hainbuche mit Abstand am häufigsten geschädigt, während bei Buche und Eiche der Verbiss deutlich geringer ist. Durch die Erhebung können zudem Areale im Stadtwald Darmstadt identifiziert werden, auf denen unabhängig vom Verbiss eine schlechte Verjüngungssituation vorherrscht.

„Auch wenn die Baumschäden in Teilen des Stadtwaldes derzeit gravierend sind, bieten sie auch eine Chance für die biologische Vielfalt. Zerfallsphasen und Kalamitäten gehören zu einem natürlichen Ablauf der Waldentwicklung. Absterbende Bäume, stehendes Totholz oder umstürzende Stämme, stellen für viele Tier- und Pflanzenarten – darunter oft seltene, vom Aussterben bedrohte Arten – einen wichtigen Lebensraum und einen Ansatzpunkt für das Aufwachsen neuer Bäume dar. Zudem kann ein erhöhter Totholzanteil am Boden zu einem verbesserten Wasserhaushalt und langfristig zu einem verbesserten Bodenzustand der Wälder beitragen“, so Kolmer. Diese Themen werden auch dezidiert im Abschlussbericht des Runden Tisches Wald behandelt.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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