Magistrat ernennt Grabstätten von Erika Köth, Karl Gruber, Margarete Kubelka sowie Walther und Wilhelmine Richtzenhain zu Ehrengräbern

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Der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen, fünf Grabstätten, für die zuvor das Nutzungsrecht erloschen war, künftig als Ehrengräber zu führen und damit in städtische Pflege zu übernehmen: zwei auf dem Alten Friedhof, ein Doppelgrab auf dem Waldfriedhof sowie ein Grab auf dem Eberstädter Friedhof. Geehrt werden damit die Sängerin Erika Köth, der Architekt, Hochschullehrer und Stadtplaner Karl Gruber, das in der Friedensbewegung und im Widerstand gegen den Nationalsozialismus engagierte Ehepaar Walther und Wilhelmine Christine Richtzenhain sowie die Schriftstellerin Margarete Kubelka.

„Wir setzen damit fünf Persönlichkeiten ein bleibendes Denkmal, die sich auf je eigene Weise um Darmstadt verdient gemacht haben“, erklärte Oberbürgermeister Jochen Partsch. „Anerkennung, ja bei der Opernsängerin Erika Köth sogar internationale Bekanntheit ist diesen Menschen zu ihrer Zeit in ganz unterschiedlichem Maß zuteil geworden – was sie dabei eint und für unsere Entscheidung maßgeblich war, ist ihr großer gesellschaftlicher, ihr kultureller Einsatz zugunsten ihrer Mitbürger und Mitbürgerinnen. Ihrer Lebensleistung, mit allen Schattierungen, die ein Leben aufweisen kann, zollen wir Respekt.“

Die Opern- und Operettensängerin Erika Köth (geboren 1925 in Darmstadt, gestorben 1989 in Speyer) zählt zu den bedeutenden Koloratursopranistinnen des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Sie verbrachte Kindheit und Jugend in Darmstadt, erhielt hier, an der Landesmusikschule und ab 1945 an der Akademie für Tonkunst ihre Ausbildung. Von 1953 bis 1978 war Köth an der Staatsoper München engagiert. Hinzu kamen Gastspiele an renommierten Opernhäusern und internationale Tourneen sowie Fernsehauftritte. Neben ihrer Gesangskunst beeindruckte sie das Publikum auch mit ihrem natürlichen Wesen. Die Sängerin wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz und der Johann-Heinrich-Merck-Ehrung der Stadt Darmstadt. Ihr Grab befindet sich auf dem Alten Friedhof.

Karl Gruber (geboren 1885 in Konstanz, gestorben 1966 in Darmstadt) hat als Hochschullehrer und Architekt, als Stadtplaner und Kirchenbauer über Jahrzehnte in Darmstadt gewirkt. 1933 wurde er als Professor für Baugeschichte, Entwerfen und Städtebau an die TH Darmstadt berufen. 1934 wurde er Denkmalpfleger der Provinz Rheinhessen, 1938 Baumeister der Evangelischen Landeskirche Hessen. Nach 1945 entwickelte Gruber Wiederaufbaupläne für im Bombenkrieg zerstörte Städte, war 1945 bis 1947 Leiter der Wiederaufbaukommission der Stadt Darmstadt und von 1945 bis 1964 Landeskirchenbaumeister der EKHN. Grubers Haltung gegenüber dem NS-Regime gilt als widersprüchlich; er war kein NSDAP-Mitglied und erhielt nur in begrenztem Umfang staatliche Aufträge, ließ in Veröffentlichungen aber punktuell auch eine Nähe zu NS-Gedankengut erkennen. Mit Blick auf Grubers Verdienste um den Wiederaufbau Darmstadts wurde die Ausweisung seiner Grabstätte auf dem Alten Friedhof als Ehrengrab befürwortet.

Walther (geboren 1891 in Weimar, gestorben 1950 in Darmstadt) und Wilhelmine Christine Richtzenhain (geboren 1898 in Darmstadt, gestorben 1975 in Darmstadt) waren seit den 1920er Jahren als Ärzte tätig. Die Eheleute lebten zuletzt im von ihnen erworbenen Haus Olbrich auf der Mathildenhöhe. Das Ehepaar Richtzenhain war schon vor 1933 in der Friedensbewegung aktiv und hat diese Tätigkeit nach 1945 in der Deutschen Friedensgesellschaft fortgesetzt. In Presse-Nachrufen aus Anlass seines Todes 1950 wurde hervorgehoben, dass Walther Richtzenhain sich mit den Nationalsozialisten angelegt und aus humanitären Gründen Juden und Zwangsarbeiter behandelt hat, die sonst keine Möglichkeiten der ärztlichen Behandlung fanden. Seine Ehefrau Wilhelmine Christine Richtzenhain stiftete später den „Walther-und-Christine-Richtzenhain-Preis“, der für Forschung auf dem Gebiet der Krebsforschung zunächst verliehen wird. Das Wohnhaus im Alexandraweg 28 vermachte sie der Stadt für einen kulturellen Zweck gemeinnütziger Art. Heute beherbergt es die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung.

Margarete Kubelka (geboren 1923 in Haida/Nordböhmen, gestorben 2000 in Darmstadt) lebte nach ihrer Flucht aus Böhmen als freie Schriftstellerin in Darmstadt. Ihr umfangreiches Werk umfasste Romane, Kurzgeschichten sowie Kinder- und Jugendbücher. Viele der Texte spiegelten ihr Schicksal und ihre Erfahrungen, insbesondere das Trauma von Flucht und Vertreibung und die harten Bedingungen der Nachkriegszeit. Neben ihrer literarischen Tätigkeit hat sie sich auch für das Deutsche Sozialwerk in Darmstadt eingesetzt. Kubelka wurde unter anderem mit dem Bundesverdienstkreuz, der Bronzenen Verdienstplakette und der Johann-Heinrich-Merck-Ehrung der Stadt Darmstadt ausgezeichnet. Sie ist auf dem Eberstädter Friedhof bestattet.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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