„Ein Meilenstein der Fusionsforschung“ – TU Darmstadt: Laserfusions-Experte Markus Roth über jüngsten Durchbruch und Perspektiven

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Am Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Kalifornien ist in diesen Tagen ein Durchbruch in der Fusionsforschung geglückt. Erstmals konnte fast genau so viel Energie erzeugt werden, wie Laserenergie aufgewendet wurde – mehr als 1.300 Kilojoule. Professor Markus Roth, Physiker und Experte für Laserfusions-Forschung an der TU Darmstadt, hat am Bau des bei dem Experiment verwendeten Lasers mitgearbeitet und erläutert Hintergründe und Bedeutung des Forschungserfolgs für die Forschung und die weltweite Energiewirtschaft:

„Dies ist ein Meilenstein in der Fusionsforschung mit Lasern und wird die weitere Forschung zur Nutzung der Fusion zur Energiegewinnung stark beflügeln.
Das Ergebnis ist besonders für die zivile Nutzung für die Energieversorgung von Interesse. Es zeigt den großen Fortschritt im Verständnis der zugrunde liegenden Physik, der Entwicklung in der Lasertechnik und der Herstellung von Fusionstargets mit hoher Qualität.
Bei allen Versuchen in der Vergangenheit verhinderten Instabilitäten oder eine Asymmetrie im Strahlungsfeld eine Zündung. Die großartigen Fortschritte der letzten Jahre im Verständnis der Laser-Plasma-Wechselwirkung gipfelten in dem Experiment am 8. August am Lawrence Livermore National Laboratory, bei dem rund zehnmal mehr Energie durch die Fusion erzeugt wurde als in den bisherigen Experimenten.
Dieser Sprung entspricht im Prinzip einem sogenannten break-even: Es wird genauso viel Fusionsenergie erzeugt, wie Laserenergie aufgewendet wird.“

Hintergrund: Worum geht es?
Bei der Trägheitsfusion, wie sie am Lawrence Livermore National Laboratory verfolgt wird, befindet sich eine etwa zwei Millimeter große Kapsel, welche mit den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium gefüllt ist, im Inneren eines etwa einen Zentimeter langen, hohlen Metallzylinders. Von beiden Enden des Zylinders strahlen jeweils 96 Laserstrahlen in den Hohlraum und erzeugen im Inneren ein extremes Strahlungsfeld. Dieses verdampft die Außenseite der Kapsel, und das Innere der Kapsel wird ins Zentrum hin beschleunigt. Dort treffen alle Teile des Deuterium- und Tritium-Brennstoffs mit ca. 300 bis 400 Kilometern pro Sekunde aufeinander und erzeugen eine Dichte und eine Temperatur, die die Atomkerne miteinander verschmelzen lässt. Das dabei entstehende Helium heizt den Brennstoff weiter auf und erlaubt es einem bestimmten Anteil des Brennstoffs zu verschmelzen, bis der Brennstoff schließlich wieder auseinanderfliegt. Bei diesem Prozess werden große Mengen Energie freigesetzt, was das Verfahren im Prinzip für die Energieproduktion interessant macht.

Laserfusionsforschung an der TU Darmstadt
Die Fusionsforschung an der TU Darmstadt arbeitet seit vielen Jahren auf dem Gebiet der zivilen Nutzung der Fusion mit dem Lawrence Livermore National Laboratory zusammen. Dabei verfolgt die TU Darmstadt das Prinzip des „direct-drive“, bei dem die Kapsel direkt von Laserstrahlen getrieben wird. Dieses Verfahren ist ein vielversprechender Ansatz für die kommerziell attraktive Energieproduktion und ist unbrauchbar für militärische Anwendung. Die TU Darmstadt hat darüber hinaus ein Verfahren entwickelt, welches verspricht, mit kleineren Laseranlagen und höherem Energiegewinn einen effizienteren Weg zur sauberen, sicheren und zuverlässigen Energieversorgung zu beschreiten. Dieses Prinzip, die sogenannte „schnelle Zündung“, wurde von TU-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern entwickelt und wird in Forschergruppen in aller Welt aktuell verfolgt. Die jüngsten Ergebnisse aus Kalifornien zeigen den Fortschritt der letzten Jahre und werden diese Forschungsanstrengungen in naher Zukunft intensivieren.

Quelle: TU Darmstadt


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