Gedenken an die Pogromnacht des 9./10. November 1938

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Liberale SynagogeMit zwei Veranstaltungen gedenken die Wissenschaftsstadt Darmstadt, die Jüdische Gemeinde Darmstadt und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Darmstadt am Sonntag, 10. November 2019, der Pogromnacht vom November 1938 und des Menschheitsverbrechens der Schoa, zu dem das Pogrom der Auftakt war. Zunächst wird um 11.30 Uhr am Erinnerungsort Liberale Synagoge in der Bleichstraße 19 eine Gedenktafel angebracht, die den Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in den Partnerstädten Darmstadts gewidmet ist; um 17 Uhr sind die Bürgerinnen und Bürger zur zentralen Gedenkstunde in die Synagoge, Wilhelm-Glässing-Straße 26, eingeladen.

„Als nachgeborene Generation werden wir diesen barbarischen Teil unserer Geschichte niemals richtig nachempfinden können. Für dieses Verbrechen gibt es keine Wiedergutmachung, ja es lässt sich kaum in angemessene Worte fassen. Und doch ist es die Sprache, die Erinnerung bewahrt und Wissen möglich macht“, betont Oberbürgermeister Jochen Partsch. „Das Wissen um die Schoa, gerade auch um das hier, in Darmstadt, Begonnene und Geschehene, ist nötiger denn je – in Zeiten des europa- und weltweit erstarkenden Antisemitismus. Verbale Brandstifter in Politik und Gesellschaft verschieben mit ihrem hochgefährlichen Weltbild mehr und mehr die Grenzen der sozialen Akzeptanz ihres Tuns und bereiten so den Nährboden für immer offener zutage tretenden Rassismus, Antisemitismus und alle weiteren Formen der Menschenverachtung. Der Schritt vom Gedanken zur Tat wird immer kürzer, und ein Verbrechen wie kürzlich in Halle, bislang unvorstellbar, wird wieder möglich“, so Partsch. „Die Novemberpogrome in Jahr 1938 wuchsen aus dem gleichen Ungeist. Wir müssen diesem Ungeist entschieden entgegentreten. Es geht um nicht weniger als den Schutz unserer Demokratie.“

Die Initiative für eine Gedenktafel, mit der die Stadt an die Opfer des Holocausts in den heutigen Partnerstädten Darmstadts erinnert, war 2018 von einer Veranstaltung der Darmstädter Geschichtswerkstatt ausgegangen. Thema war die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in der Partnerstadt LiepÄja (Lettland) während der deutschen Besatzung in den Jahren 1941 bis 1945. „Der Gedanke, freundschaftliche Beziehungen zu dieser Stadt zu pflegen, ohne uns mit der gnadenlosen Ausrottung der großen jüdischen Gemeinde LiepÄja und den von Deutschen begangenen Massenmorden auch öffentlich zu konfrontieren, erschien uns schwer erträglich“, erklären Hannelore Skroblies und Christoph Jetter vom Vorstand der Geschichtswerkstatt.

Die Geschichtswerkstatt erweiterte ihren Vorschlag wenig später dahingehend, in dieses Gedenken alle während des deutschen Vernichtungskrieges betroffenen Städte einzubeziehen, auch die innerhalb des damaligen deutschen Reichsgebiets liegenden Städte Freiberg (Sachsen) und Graz (Österreich). Sie legten einer von Oberbürgermeister Jochen Partsch gebildeten Arbeitsgruppe Material dazu vor. Der Magistrat entschied sich auf Grundlage der erschütternden Ergebnisse der Recherchen, der Stadtverordnetenversammlung vorzuschlagen, mit einer Gedenktafel an die von deutschen Mordkommandos zu Tausenden in den Tod getriebenen Jüdinnen und Juden in elf Partnerstädten zu erinnern. Diesem Vorschlag folgte das Stadtparlament im Juni 2019.

Bei der Enthüllung der Gedenktafel am Erinnerungsort Liberale Synagoge sprechen Oberbürgermeister Jochen Partsch, Gwythian Prins für die Jüdische Gemeinde von Alkmaar (Niederlande) und Hanni Skroblies vom Verein Darmstädter Geschichtswerkstatt. Die Reden bei der Gedenkveranstaltung zur Pogromnacht des 9./10. November 1938 halten Oberbürgermeister Jochen Partsch und Daniel Neumann, Vorstand der Jüdischen Gemeinde Darmstadt. Anwesend sind Delegationen aus den Partnerstädten Alkmaar, Płock (Polen) und Szeged (Ungarn).

Der Förderverein Liberale Synagoge veranstaltet am Sonntag, 10. November 2019 um 14:30 Uhr, im Zuge der 7. Darmstädter Aktionswochen gegen Antisemitismus 2019, im Zeichen des 81. Jahrestags der Darmstädter Novemberpogrome von 1938 und des 10. Jahrestags der Gedenkstätte Liberale Synagoge auf dem Klinikumsgelände einen kostenlosen Rundgang „Jüdisches Darmstadt“. Im Blickpunkt stehen diesmal insbesondere der Kulturphilosoph Julius Goldstein, seine Tochter Elsbeth Juda, geb. Goldstein, und der Darmstädter Rabbiner Dr. Bruno Italiener.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt & Förderverein Liberale Synagoge


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