Neue Bügel für BHs – Forscherteam der Hochschule Darmstadt nutzt faserverstärkten Kunststoff

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BH-Bügel / Bild: Hochschule DarmstadtHerkömmliche BH-Bügel sind aus Metall. Sie sorgen oft für Druckstellen auf der Haut, stützen die Brust aber gut. Ein Forscherteam des Instituts für Kunststofftechnik der Hochschule Darmstadt (h_da) hat jetzt neuartige BH-Bügel aus faserverstärktem Kunststoff entwickelt, die erstmals ähnlich stark wie Metallbügel stützen und komfortabler tragbar sind. Der Prototyp des innovativen Kunststoffbügels wird nun von dem Textilspezialisten Lüttges aus Solingen zur Marktreife gebracht.

Viele Büstenhalter haben einen Bügel aus Metall. Großer Vorteil von Metallbügeln ist, dass sie die Brust gut stützen. Alternative Materialien erreichen dies bislang nicht, etwa spritzgegossene Bügel aus Kunststoff. Dem Forscherteam der Hochschule Darmstadt um Prof. Dr. Martin Müller-Roosen gelang nun ein Durchbruch. Nach über einjährigen, intensiven Tests mit verschiedenen Materialvarianten zeigte sich Kunststoff mit Kurz- und Endlosglasfaserverstärkung als besonders geeignet, um die nötige Stabilität zu geben.

„Erstmals haben wir nun eine Kunststoffvariante, die zufriedenstellend stützt“, freut sich Projektleiter Prof. Dr. Martin Müller-Roosen. „Das Problem von klassischen Kunststoffbügeln ist, dass das Material irgendwann nachgibt. Glasfaser hat hingegen eine sehr hohe Steifigkeit, gleichzeitig kommen wir mit wenig Material aus. Dadurch sind die Bügel erstmals auch so schmal, dass sie bei der Produktion gut in die Textiltunnel der Büstenhalter eingeschoben werden können. Damit können unsere Bügel nun Metallbügel ersetzen.“

Ein Vorteil von Kunststoff ist, dass er nicht so stark auf die Haut drückt wie Metall und somit den Tragekomfort erhöht. Bei Sicherheits-Checks an Flughäfen löst Metall zudem oft einen Alarm aus. Frauen werden dann noch einmal untersucht – ein intimer Eingriff in die Privatsphäre, der mit Kunststoffbügeln erspart bleibt.

Auch BH-Hersteller profitieren von dem neuen Bügel. Bislang müssen sie oft ganze Chargen neuer BHs aus Sicherheitsgründen wegwerfen, weil eine abgebrochene Nähnadel in die Ware gelangt ist. Mit Metalldetektoren lässt sie sich wegen der Metallbügel bislang nicht aufspüren, Kunststoffbügel machen eine Ortung der Metallnadel möglich.

Die erhoffte Stützkraft der faserverstärkten Kunststoffbügel hat das Forscherteam der Hochschule Darmstadt in zwei Belastungs-Tests geprüft. Der Torsionstest oder auch Waschmaschinentest simuliert, wie sich der Bügel durch Schleudern der Trommel oder den Druck übriger Wäsche mehrfach verdreht. 10.000 und mehr Drehbewegungen muss der Bügel durchhalten, ohne dabei nachzugeben oder Schäden zu zeigen.

Bei der Überprüfung der Zugfestigkeit wird der Bügel unterschiedlich stark gedehnt und gestaucht, was den Druck der Brust simuliert und zeigt, wie belastbar das Material ist. In beiden Tests überzeugte der faserverstärkte Kunststoffbügel im Vergleich zum nicht verstärkten Kunststoffbügel, den die Forscherinnen und Forscher parallel ebenfalls testeten.

Flankierend zu den Tests im Labor wurden Büstenhalter mit integrierten Prototypen der Kunststoffbügel in Feldtests von Frauen probegetragen. Die Tests sollten in Realsituationen zeigen, wie der favorisierte Materialmix auf thermische Faktoren wie Wärme und Feuchtigkeit reagiert. Auch hier erwies sich der faserverstärkte Kunststoff als robust.

Auf der Grundlage der Arbeit des h_da-Forscherteams produziert der Textilspezialist Lüttges nun marktreife BH-Bügel. Zunächst wird der Bügel wohl für Büstenhalter mit kleiner und mittlerer Körbchen-Größe verwendet. Für den Einsatz bei großen Größen müsste das Material noch weiter optimiert werden, um die Stützleistung von Metallbügeln zu erreichen. Parallel zum neuartigen BH-Bügel haben die Forscherinnen und Forscher einen Prototyp einer Produktionsanlage entwickelt, die neben klassischen Kunststoffbügeln jetzt auch Bügel aus faserverstärktem Kunststoff herstellen kann.

Gefördert wird das Gesamtprojekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen des Programms „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“.

Quelle & Bild: Hochschule Darmstadt


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