Magistrat beschließt Benennung des Platzes vor dem Merck-Stadion am Böllenfalltor in „Dr.-Karl-Hess-Platz“

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Der Magistrat der Wissenschaftsstadt Darmstadt hat in seiner Sitzung am Mittwoch (13.04.16) die Benennung des bisher namenlosen Platzes vor dem Merck-Stadion am Böllenfalltor in „Dr.-Karl-Heß-Platz“ beschlossen. Die Stadt würdigt damit das Engagement des von den Nationalsozialisten verfolgten ehemaligen jüdischen Ersten Vorsitzenden des SV Darmstadt 98, Dr. Karl Heß, der dem Verein von 1928 bis 1933 vorgestanden hatte und dabei maßgeblich die Idee des Breitensports vorangetrieben und an der Gesundung der Vereinsfinanzen gearbeitet hatte. Neben seinem Engagement für den SV Darmstadt 98 war Heß auch als Rechtsanwalt in Darmstadt tätig und arbeitete mehrere Jahre im Rechtsamt der Stadt.

Oberbürgermeister Jochen Partsch erläutert die Entscheidung des Magistrats: „Mit der Benennung des Platzes vor dem Merck-Stadion am Böllenfalltor in ‚Dr.-Karl-Heß-Platz‘ wollen wir einer großen Darmstädter Persönlichkeit die verdiente Würdigung seiner Verdienste für die Stadt und den Verein SV Darmstadt 98 zukommen lassen. Damit setzen wir auch einen von vielen Seiten an uns herangetragenen Bürgerwunsch zur Ehrung von Dr. Karl Heß um. Durch die Benennung in ‚Dr.-Karl-Heß-Platz“ erfährt das Umfeld des Stadions im Hinblick auf den bevorstehenden Umbau aus historischer Perspektive noch einmal eine zusätzliche Aufwertung. Dr. Karl Heß ist Zeit seines Lebens für die Modernisierung des Sports in der Wissenschaftsstadt, den SV Darmstadt 98 und in seiner Funktion als Rechtsanwalt auch für den Rechtsstaat eingetreten. Sein Wirken ist eng mit der Geschichte des SV Darmstadt 98 aber auch mit dem Erhalt liberaler und progressiver Werte in der Stadt Darmstadt verbunden, in deren Rechtsamt er nach seiner Rückkehr aus dem Exil als Mitarbeiter tätig war. Für den SV Darmstadt 98 zeigte die damalige Wahl eines Vorsitzenden mit jüdischem Glauben, dass der SV Darmstadt 98 kein Sammelbecken von Antisemiten und sicherlich auch kein Nazi-Verein war. Die Haltung führender Funktionäre hatte zeitweise auch den Ausschluss von jeglicher staatlicher Förderung zur Folge. Es ist daher auch vor diesem Hintergrund richtig und wichtig, dass Karl Heß als Verfechter für Sport und Freiheit nun, über 40 Jahre nach seinem Tod, diese verdiente Ehrung zu Teil wird“, so der Oberbürgermeister.

Karl Heß wurde am 13. Januar 1900 in Darmstadt als Sohn des jüdischen Kaufmanns Max Hess und dessen Frau Betty, geborene Ullmann, geboren. Nach dem Abitur 1918 studierte er Jura in Heidelberg und Gießen, wo er 1921 das erste Staatsexamen ablegte, dem 1923 die Promotion folgte. 1921 kehrte Heß als Gerichtsreferendar nach Darmstadt zurück, wo er 1925 das zweite juristische Staatsexamen ablegte. Ab 1926 arbeitete er in Darmstadt als Rechtsanwalt mit Zulassung zum Oberlandesgericht.

Karl Heß betrieb von Jugend an aktiv Sport und trat er dem SV 98 bei, dessen Stellvertretender Vorsitzender er 1924 wurde. Im Jahr 1928 wurde er Erster Vorsitzender des SV Darmstadt 1898 e.V. 1933 wurde Dr. Karl Heß vom NS-Staat die Rechtsanwaltszulassung wegen seiner jüdischen Herkunft entzogen. Das Ehepaar Heß emigrierte deshalb im Mai 1933 nach Frankreich, von wo sie 1939 weiter nach Brasilien flohen. Die Familie wohnte in Rio de Janeiro, wo Heß als Jurist und Kaufmann arbeitete. Am 25. November 1940 wurde dem Ehepaar die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen. Am 6. Januar 1954 wurden die beiden durch Verfügung des RP Darmstadt wieder eingebürgert.

Im Juli 1963 kehrte Heß mit seiner Frau in seine Heimatstadt zurück. Das Paar bezog eine Wohnung in der Dieburger Str. 48. Fortan arbeitete Heß als juristischer Mitarbeiter beim städtischen Rechtsamt, wo er unter anderem die Verträge für die künftige Fernwärmeversorgung von Teilen der Stadt verantwortete. Am 2. Februar 1968 wurde er von Oberbürgermeister Ludwig Engel in den Ruhestand verabschiedet. Im März 1973 kehrten Karl und Frieda Heß nach Rio de Janeiro zurück, wo sie ihren Lebensabend bei ihrem Sohn Geraldo verbrachten. Dr. Karl Heß starb am 15. April 1975 in Porto Allegre.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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