Zwischen Aufklärung und Romantik – Zeichnungen, Aquarelle und Ölstudien aus der Gründungszeit des Hessischen Landesmuseums Darmstadt – 13. März bis 14. Juni 2015

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Das Hessische Landesmuseum DarmstadtMit Schöpfung des Darmstädter Museums zwischen 1790 und 1830 wurde der Grundstock der Graphischen Sammlung angelegt mit beachtlichen Beständen an Dürer- und Rembrandt-Graphik und Altmeisterzeichnungen vom 15. bis 18. Jahrhundert. Zugleich unterstützte der Museumsgründer Großherzog Ludewig I. die Künstler seines Landes. Ganz selbstverständlich führte dies dazu, die damals zeitgenössische Kunst, also die Romantiker, zu sammeln und junge Talente zu fördern. Manches schenkten die Maler selbst als Dank oder um eine Unterstützung zu erlangen, man erwarb das eine oder andere Blatt und früh schon ganze Nachlässe. Zwar waren die finanziellen Möglichkeiten beschränkt, was gezielte Wunschkäufe selten erlaubte, doch verhalfen vielfältige Faktoren, Zufälle und glückliche Fügungen der Darmstädter Graphischen Sammlung im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einem beachtlichen Romantiker-Bestand von über 3800 Werken.

Die Zeichnung kann als die eigentliche Ausdrucksform des romantischen Künstlers gelten. In ihr vereinigten sich die verschiedenartigsten weltanschaulichen Strömungen. Quellen waren die Bibel, Homer und Dante, die Nibelungen, Minnegesang und Volkslied, die Kunst der Antike, die Malerei des Quattrocento, Raffael, Poussin und Lorrain, aber auch altdeutsche und altniederländische Malerei.

Mit 120 Exponaten legt die aktuelle Ausstellung Schneisen durch den vorhandenen Bestand und geht damit über das Regionale hinaus. „Zwischen Aufklärung und Romantik“ gibt in sieben Kapiteln Einblick in die wesentlichen Aufgaben, Werkformen und Charakteristika romantischer Zeichenkunst.

1) Bildniszeichnungen

In der privaten Werkform der Porträtzeichnung hatten sich die Künstler in Stil und Funktion an der altdeutschen Bildnisgraphik orientiert und einerseits dem romantischen Freundschaftskult gehuldigt, sich andererseits aber auch in die humanistische Tradition und deren Vorstellung vom hohen Ethos des Menschen gestellt. Die Porträts waren Konterfeis von Gleichgesinnten im Geiste. Beispielhaft verschmolzen darin tiefe Einfühlung und ausdrucksvoll klarer Strich.

2) Studien

Gerade weil es in Darmstadt keine Kunstakademie gab, konnten und sollten die Museumssammlungen als Akademieersatz fungieren. Die großherzoglichen Sammlungen boten Studienobjekte mit Gipsen und Kopien antiker Skulpturen sowie aus Wachs geformte Fragmenten des menschlichen Körpers, aber auch Kupferstiche und Handzeichnungen aus der Graphischen Sammlung. Die Studien sind selten eigenständige Zeichnungen sondern Schritte im künstlerischen Werkprozess zur Klärung und Vorbereitung einer Bildidee. Aufschlussreich sind die neuen Sichtweisen, die die Zeichnungen erkennen lassen.

3) Christliche und weltliche Historie

Den historischen Bildideen zu Grunde lag die Sehnsucht nach geordneten Verhältnissen und die Heilssuche im Christentum und Mittelalter. Als Grundtenor der Historiendarstellungen der frühen Romantik kann die erlebnishafte Erzählweise gelten. Alltägliche Erfahrungen oder menschliche Grenzsituationen liefern die Verbindung und es finden sich in biblischen wie historischen Darstellungen auch Anspielungen auf aktuelles Zeitgeschehen.

4) Sage und Literatur

Durch die nach den Napoleonischen Kriegen aufgekommenen patriotischen Strömungen erfolgte eine Hinwendung zum nationalen Sagenschatz. Die in einer mittelalterlichen Welt angesiedelten Dichtungen der Sagen und Märchen von Achim von Arnim, Clemens Brentano und den Brüdern Grimm waren eine der wichtigsten Quellen für die Entfaltung der Bildphantasie.

5) Regionale Landschaft

Leichter als in der Malerei entzogen sich die Künstler in der Zeichnung und dem Aquarell sowie der Lavierung in Tusche und Sepia den Stilzwängen und Konventionen. Von ihren Reisen brachten die Künstler nicht nur Fremdes mit, sondern sie lernten – wie ihre Zeichnungen und Aquarelle überzeugend belegen – auch ihre Heimat, Darmstadt, die Landschaften der Bergstraße und des Odenwaldes und ihre bäuerlichen Bewohner, neu zu sehen.

6) Italienische Landschaft

Das klassische Reiseland war seit jeher Italien und das vornehmste Ziel Rom. Unter Ludwigs Regentschaft etablierte sich für die Darmstädter Künstlerschaft ein regelrechtes Romprogamm in Form von Reisestipendien. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der „Traum vom Süden“ zunehmend auch zum Gegenbild der Darmstädter Enge und bedrückenden Realität der napoleonischen Zeit.

7) Architekturzeichnungen

Früh bestand in Hessen-Darmstadt ein Verständnis für die Erhaltung und Pflege der vaterländischen Altertümer. Denkwürdig bleibt, dass Großherzog Ludewig I. am 22. Januar 1818 die erste Denkmalschutzverordnung in Deutschland erließ und Georg Moller zum Denkmalpfleger ernannte. Im Darmstädter Bestand finden sich etliche programmatische Architekturzeichnungen Mollers und seiner Schüler.

Resumée

Die Ausstellung „Zwischen Aufklärung und Romantik“ spiegelt die Vielfalt eines Sammelgebietes, das seit Ende des 18. Jahrhunderts in Darmstadt mit liebevoller Sachkenntnis gepflegt wurde. Gleichzeitig zeigt die Ausstellung den Geist einer Epoche, die poetische Empfindung mit eindringlicher Beobachtung der Wirklichkeit vereint.

Es erscheint ein Katalog im Kehrer-Verlag Heidelberg mit vertiefenden Texten und Kommentaren zu den Exponaten, sämtliche in farbigen Abbildungen, 312 Seiten, Preis in der Ausstellung 28,00 Euro (dieselbe Ausgabe im Buchhandel 39,90 Euro).

Quelle: Hessisches Landesmuseums Darmstadt


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