Bernhard Hoetger – Der Platanenhain

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Skulpturengarten von Bernhard HoetgerMuseum Künstlerkolonie und Freigelände der Mathildenhöhe Darmstadt
26. Mai bis 25. August 2013
Vernissage: Samstag, 25. Mai 2013 um 15 Uhr auf dem Freigelände der Mathildenhöhe im Rahmen der Darmstädter Jugendstiltage

Weder in Hessen noch in ganz Deutschland gibt es ein vergleichbares Gesamtkunstwerk des Expressionismus im öffentlichen Raum. Vor 100 Jahren hat der Bildhauer Bernhard Hoetger (1874-1949) im Platanenhain der Mathildenhöhe Darmstadt ein emphatisches Gesamtkunstwerk zum Kreislauf des Lebens geschaffen. Im Zuge einer groß angelegten Restaurierung der skulpturalen Werke findet nun eine Ausstellung sowohl im Museum Künstlerkolonie als auch auf dem Freigelände der Mathildenhöhe statt. Sie flankiert zugleich die Bewerbung der Mathildenhöhe als UNESCO-Weltkulturerbe.

DER PLATANENHAIN
Bernhard Hoetgers Ausgestaltung des Platanenhains auf der Mathildenhöhe Darmstadt ist der künstlerische Höhepunkt der letzten Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie im Jahr 1914. Mit über 40 Plastiken und Skulpturen auf dem gesamten Areal der Mathildenhöhe hat Hoetger ein außergewöhnliches Gesamtkunstwerk zum Kreislauf des Lebens geschaffen. Im Ensemble der großen Reliefs „Frühling“, „Sommer“, „Schlaf“ und „Auferstehung“, der Tierfiguren, Krugträgerinnen, Textreliefs, der Vasen und der Brunnenanlage hat Hoetger mit buddhistischer und altägyptischer Motivik sowie hinduistischer und romantischer Lyrik einen geradezu sakralen Außenraum entstehen lassen.

DIE AUSSTELLUNG
Es gibt keinen zweiten Ort, wo das Werk Hoetgers vor dem Ersten Weltkrieg so umfassend und eindrücklich erlebt werden kann wie auf der Mathildenhöhe Darmstadt. Die Ausstellung „Bernhard Hoetger – Der Platanenhain“ findet sowohl im Museum Künstlerkolonie als auch im Platanenhain statt, wo die Besucher mithilfe eines Audioguides das Skulpturprogramm des Platanenhains auf sich wirken lassen können. Im Museum wird das Frühwerk mit wichtigen Pariser Werken inklusive der frühen protoexpressionistischen Plastiken zu sehen sein. Desgleichen kann dort der „Licht- und Schattenseiten“-Zyklus in der von Hoetger selbst vorgesehenen Aufstellung betrachtet werden. Historische Dokumente zeigen zudem die Rezeption des Platanenhains auf.

Ziel der Ausstellung ist es, das komplexe Bild- und Textprogramm des Platanenhains aufzuschlüsseln und die große Bedeutung des Ensembles für die expressionistische Plastik darzulegen.

Es gibt weder in Hessen noch in ganz Deutschland ein vergleichbares Gesamtkunstwerk des Expressionismus im öffentlichen Raum. Da die Ausstellung im Zuge einer groß angelegten Restaurierung des Platanenhains stattfindet, kann das Gesamtensemble seine besondere Wirkung in neuem Glanz entfalten und die Bewerbung der Mathildenhöhe Darmstadt als UNESCO-Welterbestätte unterstützen.

DER KÜNSTLER
Bernhard Hoetger zählt mit Wilhelm Lehmbruck (1881-1919) und Ernst Barlach (1870-1938) zu den wichtigsten Bildhauern des Expressionismus. Von diesen drei war es Hoetger, der um 1906 als erster deutscher Bildhauer zu einer neuen, höchst konzentrierten expressionistischen Formensprache fand. Dieser Wandlung war ein erfolgreiches Frühwerk vorausgegangen: Während eines Besuchs der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 mit Meisterschülern der Düsseldorfer Kunstakademie beschloss Hoetger kurzfristig, in Paris zu bleiben. Hier schuf er Werke, die deutlich von den Bildhauern Auguste Rodin und Constantin Meunier beeinflusst waren. Bereits 1901 konnte er seine Plastiken in der Galerie „La Maison Moderne“ von Julius Meier-Graefe verkaufen. Dieser wurde zu einem seiner wichtigsten Förderer, zu denen bald auch Hugo von Tschudi und Karl-Ernst Osthaus hinzu stießen. Unter dem Eindruck außereuropäischer Kunst und des epochalen Werks von Paul Gauguin begannen sich Hoetgers Plastiken und Skulpturen ab 1904 zu wandeln und Formvereinfachungen aufzuweisen. 1905 feierte Hoetger wichtige Erfolge mit den Beteiligungen am „Salon d’Automne“ und an einer Doppelausstellung mit Camille Claudel in der Galerie des Bronzegießers Eugène Blot.

In Paris lernte Hoetger Paula Modersohn-Becker und Freiherr August von der Heydt kennen, die beide eine wichtige Rolle in der Geschichte der Ausgestaltung des Platanenhains spielen sollten. Mit der Künstlerin Modersohn-Becker verband ihn eine intensive künstlerische Freundschaft. Ihren frühen Tod im Jahr 1907 – keine drei Wochen nach der Geburt ihrer Tochter Mathilde – verewigte Hoetger 1913 in der Skulptur „Sterbende Mutter mit Kind“. Sie ist sowohl als zentrales Hauptwerk des Platanenhains als auch in Form eines Grabmals der Künstlerin in Worpswede zu sehen. Hoetgers Kontakt zum Mäzen Freiherr August von der Heydt stellte schließlich die Weichen für seine Wiederkehr nach Deutschland. Seine Plastiken und Skulpturen im neuen Stil wurden dort in den wichtigsten Ausstellungen vor dem Ersten Weltkrieg gezeigt, etwa in der legendären Kölner Sonderbundschau.

Von der Heydt erwarb Werke des Künstlers und verschenkte einige davon an einflussreiche Personen der deutschen Kulturlandschaft. So erhielt der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein die Marmorfassung der weiblichen Gestalt „Jugend“ (1910). Sie wurde später als „Darmstädter Torso“ bekannt und kann heute als Besitz der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt im Museum Künstlerkolonie bewundert werden. Dieses Geschenk führte 1911 zur Berufung des Bildhauers auf die Künstlerkolonie Darmstadt. Mit finanzieller Unterstützung durch August von der Heydt und dessen Sohn Eduard konnte Hoetger 1913/14 sein großes Gesamtkunstwerk im Platanenhain verwirklichen.

DER KATALOG
Begleitend zur Ausstellung erscheint im Hirmer Verlag ein reich bebildertes Katalogbuch in einer deutsch-englischen Ausgabe, das durch die großzügige Unterstützung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain ermöglicht wurde. Darin offenbart sich in Wort und Bild die herausragende Stellung des Künstlers Bernhard Hoetger als Transformator der Moderne in Europa: Bernhard Hoetger – Der Platanenhain. Ein Gesamtkunstwerk auf der Mathildenhöhe Darmstadt, herausgegeben von Ralf Beil und Philipp Gutbrod, mit Texten von Ralf Beil, Philipp Gutbrod, Renate Charlotte Hoffmann und Quellentexten von Echnaton, Goethe und Friedrich Rückert, sowie Versen aus der Bhagavad Gita und dem Papyrus Sallier I. Deutsch und Englisch, 144 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 29 x 25 cm, gebunden, Hirmer Verlag, München, 2013, € 19,90.

Quelle: Institut Mathildenhöhe Darmstadt


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