Literarischer März 2013 in Darmstadt: Leonce-und-Lena-Preis geht an Katharina Schultens

Teilen

Literarischer MärzDer Kulturdezernent der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Oberbürgermeister Jochen Partsch, hat am Samstag (23.03.13) um 20 Uhr im Kulturwerk Centralstation den Leonce-und-Lena-Preis 2013 an Katharina Schultens (geboren 1980 in Rheinland-Pfalz) vergeben. Die Wolfgang-Weyrauch-Förderpreise gingen an Uljana Wolf (geboren 1979) und Tobias Roth (geboren in München 1985). Mit dem Leonce-und-Lena-Preis ist ein Preisgeld von 8.000 Euro verbunden, die Wolfgang-Weyrauch-Förderpreise sind mit jeweils 4.000 Euro dotiert.

Die Entscheidung über die Preisvergabe trafen die Jurymitglieder Sibylle Cramer, Kurt Drawert, Ulrike Draesner, Jan Koneffke und Joachim Sartorius. Dem Lektorat, das eine Vorauswahl unter den insgesamt 469 Bewerbungen traf, gehörten Fritz Deppert, Christian Döring und Hanne F. Juritz an.

Die Jury schreibt in ihrer Begründung zur Preisvergabe des Leonce-und-Lena-Preises an Katharina Schultens: „Ausgezeichnet mit dem Leonce-und-Lena-Preis 2013 wird eine Gedichtreihe, die auf mutige und innovative Weise ein Kernstück der zeitgenössischen Welt in Blick und Sprache nimmt: das unter das System der Wirtschaft gekippte Subjekt. Es spricht eine rhetorisch versierte globale Playerin, ein Ich zwischen Chart-Analyse und Spekulation, betrieben dank Herdendynamo, müde im Labor. Eine Frau, die – noch immer ungewöhnlich – alle präsentiert, die jedes Register zu ziehen weiß und doch ins Stottern gerät, wenn Liebe oder Gott herbeischleichen im Licht schwarzscheinender Marobozu-Kerzen oder wenn in dark pools Dantes Hölle heraufscheint vom löchrigen Grund. Da scheitert er, der Versuch, „zwischen-d-durch ja auch noch ein wenig mensch zu sein“, in Gedichten, die virtuos und präzise Bewegungen des Stürzens, des Versuchens und der Verkoppelung zwischen verspätetem Mensch und System zu zeichnen wissen.“

Zu Uljana Wolf schreibt die Jury: „Den Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis 2013 der Stadt Darmstadt erhält Uljana Wolf. Ihr Zyklus „spitzen“ ist eine Antwort auf die Gründungsgeschichte der Psychoanalyse, deren Pioniere Männer waren, die bei Frauen in die Lehre gingen. Der narrativen, gleichwohl offenen, in Laut- und Letternspielen sprunghaft sich vorwärts bewegenden Schreibweise der Autorin gelingt das Kunststück, das historische Drama der enteigneten, dressierten, an Bewusstseins-, Sprach- und Sehstörungen leidenden bürgerlichen Frauen zu rekonstruieren und dieses Drama stickender, sich bei Kerzenlicht unterhaltender Frauen, die von Männer als schnatternde Gänse bezeichnet werden, zu überschreiben mit Hilfe einer jüngeren Stimme, deren Kommentar mitten in der Patriarchatskritik Witz und Leichtigkeit zeigt und aus der Dudensprache in die Freiheit einer höchst eigensinnigen Poesiesprache führt. Zugleich erinnert die Autorin an eine genuin weibliche Kunsttradition, deren Mythos Ovid in der Arachnegeschichte erzählt.

„Die Geschichte als Erfahrungsstoff für Befindlichkeiten und Widersprüche der Gegenwart bildet den Hintergrund der Gedichte von Tobias Roth. Besonders starke Bezüge gibt es zur italienischen Malerei und zu antiken Vorbildern, so dass seine Dichtung ihrer Funktion als kulturelles Gedächtnis gerecht wird. Auf diese Weise gelingen ihm Reflektionen und Parallelfiguren von großer Eindringlichkeit und Schönheit. „Nichts gilt mir unmittelbar“ heißt es in einem seiner Gedichte. Unmittelbar aber ist seine poetische Antwort. Tobias Roth wird dafür mit dem Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis 2013 ausgezeichnet“, heißt es in der Würdigung der Jury für Tobias Roth.

Bereits zum 18. Mal hat die Wissenschaftsstadt Darmstadt den Literarischen März ausgerichtet. Seit 1979 werden in diesem Rahmen der Leonce-und-Lena-Preis und seit 1997 der Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis alle zwei Jahre von der Wissenschaftsstadt Darmstadt vergeben.

Neun junge Autorinnen und Autoren hatte das Lektorat des Literarischen März 2013 unter 469 Bewerbungen ausgewählt: Am 22. und 23. März 2013 traten sie in öffentlichen Lesungen in der Darmstädter Centralstation auf und stellten sich der Kritik. Bewerben konnten sich Nachwuchslyrikerinnen und -lyriker, die nicht älter als 35 Jahre sind.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


Teilen