Gemeinsame Gedenkveranstaltung am renovierten Glaskubus zu den Deportationen von Darmstädter Juden, Sinti und Roma

Teilen

Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hat das Jahr 2013 zum Gedenkjahr unter dem Motto „Gegen das Vergessen!“ erklärt und wird es gemeinsam mit den Verbänden und Gemeinden der Opfergruppen, mit Initiativen und Organisationen der Erinnerungsarbeit sowie mit Jugendverbänden gestalten. Am Freitag, 15. März 2013, werden die Wissenschaftsstadt Darmstadt, die Jüdische Gemeinde Darmstadt, der Verband Deutscher Sinti und Roma / Landesverband Hessen und die Initiative Denkzeichen Güterbahnhof zum ersten Mal mit einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnern. 2013 jähren sich zum 70. Mal die letzten Deportationen Darmstädter Juden, Sinti und Roma. Als Datum für das Gedenken wurde der 15. März gewählt, der Tag, an dem die in Darmstadt lebenden Sinti und Roma deportiert wurden. Die letzte systematische Deportation von Darmstädter Juden fand am 10. Februar 1943 statt.

Oberbürgermeister Jochen Partsch wird die Gedenkveranstaltung um 11 Uhr am renovierten Denkzeichen Güterbahnhof mit einer Rede eröffnen und daran erinnern, dass ab März 1942 bis in das Jahr 1945 über den Güterbahnhof Darmstadt über dreitausend jüdische Männer, Frauen und Kinder sowie Hunderte von Sinti-Familien aus dem damaligen Volksstaat Hessen in die „im Osten“ eingerichteten Todeslager transportiert wurden. „Es ist mir sehr wichtig, dass die Wissenschaftsstadt Darmstadt im Rahmen des ‚Darmstädter Gedenkjahres 2013. Gegen das Vergessen!’ zum ersten Mal mit beiden Opfergruppen gemeinsam zum Gedenken einlädt. Für mich stellt sich die Notwendigkeit der Reparatur des Glaskubus seit meinem Amtsantritt als unumgänglich dar. Dies nicht nur vor dem Hintergrund der öffentlichen Kritik, die ich aufgenommen habe. Die Wissenschaftsstadt Darmstadt steht uneingeschränkt zur hohen Bedeutung des Mahnmals. Umso mehr freut es mich, dass es nun gelingt, den renovierten Glaskubus wieder aufzustellen. Dies soll ein weiteres Zeichen sein, dass die Darmstädter Stadtgesellschaft rassistisch motiviertem Terror und Zerstörungen entschieden entgegentritt und Zeichen setzt gegen das Vergessen von Menschen und Taten“, betont Oberbürgermeister Jochen Partsch.

Renate Dreesen von der Initiative Gedenkort Güterbahnhof sagt: „Mir ist vor allem sehr wichtig, dass allen Opfergruppen gedacht wird. Bei unserem Denkzeichen wird immer wieder hervorgehoben, dass an Juden und Sinti und Roma erinnert wird. Das war für uns nie eine Frage. Der 15. März erinnert an die Deportationen der Sinti und Roma.“

„Die rassistisch motivierte Deportation von Sinti und Roma, Darmstädter Bürgerinnen und Bürger, wurde am 15. März 2013 vom Güterbahnhof vollzogen. An die Sinti und Roma, die von den Nationalsozialisten wegen ihrer Herkunft ermordet wurden, wird am Güterbahnhof erinnert.

Das Gedenken, das Erinnern sollte auch dazu führen, dass vor allem die Gesellschaft und die politisch Verantwortlichen der Wissenschaftsstadt Darmstadt die Ursachen des Völkermords, den Antiziganismus wahrnehmen und dies, um zur Erkenntnis gelangen zu können, dass der Abbau vom Antiziganismus zuerst zum Wohle von Nicht-Sinti/-Roma und zu einem Mehr an gelebter Demokratie führen kann“, führt Adam Strauß aus, Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Hessen.

Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, Moritz Neumann, merkt an: „Das Gedenken an die Deportationen vieler Darmstädter Juden, an den gewaltsamen Transport in Konzentrationslager und damit in den sicheren Tod, ist in die Erinnerung jüdischer Menschen eingebrannt. Eine lange Zeit einseitige Erinnerung, die von der Mehrheit der Darmstädter Bürger so lange verdrängt wurde, bis ein Schulprojekt der Liebig-Schule und Berichte in den Zeitungen ihnen die Konfrontation mit der unliebsamen Vergangenheit aufzwangen. Allerdings muss an dieser Erinnerung auch in unserer Zeit immer wieder gearbeitet werden, wofür die jahrelange Untätigkeit offizieller Stellen nach der Beschädigung der bescheidenen Gedenkstätte am Güterbahnhof durch Jugendliche traurigen Beweis ablegt. Umso wichtiger ist es, dass nun die Opfer von einst, Sinti und Roma sowie die Jüdische Gemeinde, gemeinsam mit der Stadt Darmstadt das Gedenken wach halten.“

Die Erinnerung an die deportierten Darmstädter Sinti und Roma halten am Gedenktag Schülerinnen und Schüler der Heinrich-Emanuel-Merck-Schule durch Verlesen der Namen der von dort Deportierten wach. Musikalisch umrahmt die Veranstaltung Romeo Franz. Horst Schäfer liest und interpretiert das Gedicht „Die Todesfuge“ von Paul Celan.

Informationen zum Glaskubus:

Einweihung am 7. November 2004
Künstler: Ritula Fränkel und Nicholas Morris
Zerstörung am 10. Juli 2006
Zunächst war in Absprache mit den Künstlern beabsichtigt, das zerstörte Denkzeichen so zu belassen, um die Mahnung vor der Gewalt wirken zu lassen.
Witterungsschäden (eindringendes Wasser durch die Risse) machten eine Reparatur dann doch notwendig.
Durch Spendenaktionen der Initiative Gedenkort Güterbahnhof, die das Denkzeichen von Beginn an initiiert hat, und durch finanziellen Einsatz der Stadt konnte der Glaskubus nun für rund 40.000 Euro repariert werden und kann kurz vor dem Gedenktag neu aufgebaut werden.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


Teilen