„Wir verändern die Welt!“ – Band 100 der Darmstädter Schriften beleuchtet die Kinderladenbewegung in Darmstadt nach 1968

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KinderÜber vierzig Jahre liegen die gesellschaftspolitischen Umwälzungsversuche der so genannten „68er-Bewegung“ zurück. Sie haben auch in Darmstadt Veränderungen herbeigeführt: Gerade im Bereich der (Kleinkind-) Pädagogik wurde an alten Vorstellungen gerüttelt, und so entstanden im Zuge der Bewegung alternative Kindergärten mit neuen pädagogischen Konzepten. Die Anfangsgeschichte der heute noch existierenden Darmstädter „Kinderwerkstätten“ ist Gegenstand des von der Wissenschaftsstadt Darmstadt herausgegebenen Bandes 100 der Darmstädter Schriften, das jetzt öffentlich vorgestellt wurde. Kerstin Hillringhaus (28) bietet darin – basierend auf Zeitzeugenbefragungen – einen Einblick in Beweggründe und die praktische Umsetzung, der durch viele Abbildungen veranschaulicht wird.

In dem 190 Seiten starken Band steht die Theorie und Praxis einer Erziehung im Fokus, die unter anderem als Reaktion auf damals bestehende gesellschaftliche Strukturen entstand und die eine demokratische und soziale Umgestaltung der Gesellschaft zum Ziel hatte.

„Kern dieser gemeinhin als „antiautoritäre Erziehung“ bezeichneten Überlegungen war auch in der Darmstädter Kinderladenbewegung, demokratisch denkende und mündige Bürger herauszubilden, die eine ebensolche Gesellschaft aktiv gestalten und mittragen können. Kerstin Hillringhaus ermöglicht mit ihrem Buch die kritische Auseinandersetzung sowohl mit den pädagogischen und politischen Ideen und Überzeugungen, als auch mit ihrer praktischen Umsetzung. Sie liefert eine Einsicht in die pädagogische Arbeit zu dieser Zeit in Darmstadt, und sie ermöglicht eine differenzierte Betrachtung alternativer Erziehungsmethoden“, würdigte Oberbürgermeister Jochen Partsch den Band bei der Buchpräsentation.

Kerstin Hillringhaus hat in ihrer wissenschaftlichen Hausarbeit für das Lehramt im Fach Geschichte die im Zuge der „68er-Bewegung“ entstandenen alternativen pädagogischen Konzepte auf der lokalhistorischen Ebene am Beispiel der Stadt Darmstadt untersucht. Im Zentrum der Arbeit stehen die beiden „Kinderwerkstätten“ I und II, die Ende 1969 und Anfang 1971 gegründet wurden. Neben der Beschreibung deutschlandweiter und lokaler Entwicklungen und Hintergründe der Kinderladenbewegung bilden die Kapitel über die konkreten Rahmenbedingungen sowie über die Erziehungspraxis und den Alltag in den Darmstädter Kinderwerkstätten den Schwerpunkt der Untersuchung. Zudem werden sowohl die Urteile Darmstädter Eltern über ihre Arbeit in den Kinderwerkstätten, als auch die Erziehungserfahrungen damaliger „Kinderwerkstattkinder“ geschildert. Zum Schluss wird unter der Fragestellung „Ist die Pädagogik der „68er“ gescheitert?“ eine Bilanz gezogen.

Methodisch basiert die Untersuchung in erster Linie auf der Auswertung von ausführlichen Interviews mit ehemaligen Initiatoren und Mitarbeitern der Darmstädter Kinderwerkstätten. Dabei wurden Zeitzeugenberichte mit Sekundärliteratur verknüpft, verglichen und ergänzt. Durch die genauere Betrachtung erhalten Leser die Möglichkeit, nicht nur die theoretischen Hintergründe der Kinderladenbewegung in Darmstadt nachzuvollziehen, sondern auch einen Eindruck von praktischen, emotionalen und alltäglichen Aspekten des Lebens als aktives Mitglied der Kinderladenbewegung in Darmstadt gewinnen.

Die Darmstädter Schriften sind eine Buchreihe, die seit 1950 im Auftrag des Magistrats der Wissenschaftsstadt Darmstadt im Justus von Liebig Verlag Darmstadt herausgegeben wird. In unregelmäßiger Folge werden Texte zu Darmstadt und den Traditionen in Geschichte und Kultur, insbesondere zu Literatur, Architektur, Theater, Stadtgeschichte oder Einrichtungen veröffentlicht. Ein einheitliches Umschlagdesign hat der Darmstädter Künstler Helmut Lortz in den 60er Jahren entwickelt.

Das Erscheinen des Bandes 100 wurde möglich durch die finanzielle Unterstützung der Wissenschaftsstadt Darmstadt, des Darmstädter Förderkreises Kultur e.V., der Kulturfreunde Darmstadt gGmbH, der Bessunger Kinderwerkstatt e.V. und des Trägervereins Bessunger Knabenschule e.V.

Kerstin Hillringhaus: „Wir verändern die Welt!“ Die Kinderladenbewegung in Darmstadt nach1968 – Eine kritische Analyse auf Basis von Zeitzeugenbefragungen; Band 100 der Darmstädter Schriften, herausgegeben im Auftrag des Magistrats der Wissenschaftsstadt Darmstadt im Justus von Liebig Verlag Darmstadt; ISBN: 978-3-87390-308-1, und ist für 9.90 Euro beim Verlag und im Buchhandel zu haben.

Quelle: Pressestelle der Wissenschaftsstadt Darmstadt


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