Jugendstilschmuck aus Europa auf der Mathildenhöhe

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Karl Rothmüller - BroscheAusgehend vom umfangreichen Schmuckschaffen der Darmstädter Künstlerkolonie, das zum ersten Mal überhaupt in einer Ausstellung präsentiert wird, entfaltet sich vom 21. August – 11. Dezember 2011 in den Schauräumen des Museums Künstlerkolonie ein einmaliges Panorama europäischer Schmuckgeschichte um 1900. In Kooperation mit dem Hessischen Landesmuseum Darmstadt werden rund 150 Schmuckobjekte u.a. von René Lalique, Georges Fouquet, Joseph Maria Olbrich, Patriz Huber, Jan Eisenloeffel oder Carl Peter Fabergé gezeigt und bieten einen umfassenden Überblick zur Kreativität jener Zeit in einer Paradedisziplin des Jugendstils.

DIE AUSSTELLUNG
Zum ersten Mal wird der erstaunliche Reichtum des Schmuckschaffens der Darmstädter Künstlerkolonie gewürdigt. Die Erkenntnis, dass auf der Mathildenhöhe Darmstadt in Architektur und Lebensgestaltung um 1900 Bahnbrechendes geleistet wurde, hat sich in der Öffentlichkeit weitgehend durchgesetzt. Bis in welche feinen Verästelungen hinein dies mitunter ging, ist immer noch eine Entdeckung, so auch im Fall des Künstlerschmucks. Ob Joseph Maria Olbrich, Peter Behrens, Hans Christiansen, Ludwig Habich, Rudolf Bosselt, Paul Bürck oder Patriz Huber: Alle sieben Pioniere der Künstlerkolonie, bis auf den Ziseleur Bosselt allesamt Autodidakten, haben zahlreich Schmuck entworfen. Sogar ihr Mäzen, Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, schuf – erfasst vom allgemeinen kreativen Furor – eigene Entwürfe. Eine markante, oft neuartige Formensprache zwischen abstraktem Symbolismus und geometrisierender Abstraktion, die selbstverständliche Einbindung der Schmuckentwürfe in die Gesamtkunstwerke der Architektur und Lebensgestaltung sowie die beispielhafte Zusammenarbeit mit der Pforzheimer Schmuckindustrie, die neben exklusiver Juwelierproduktion eine bis dato unbekannte Serienproduktion künstlerischer Entwürfe erlaubte: Dies sind bei aller Unterschiedlichkeit der künstlerischen Charaktere übergreifende und zukunftsweisende Aspekte des Schmuckschaffens der Darmstädter Künstlerkolonie, dessen Bedeutung und Strahlkraft weit über die Mathildenhöhe hinausreicht.

Vor der Folie dieser einmaligen künstlerischen und zeitgeschichtlich bedeutsamen Kreativität auf der Mathildenhöhe Darmstadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die sich – erweitert um das Schmuckschaffen der nachfolgenden Künstlerkolonisten bis 1914 – in einer originalen Raumausstattung von Joseph Maria Olbrich entdecken lässt, zeigt die Ausstellung in den Sammlungsräumen des Museums Künstlerkolonie eine beeindruckende Auswahl erlesener Objekte, die insbesondere aus der bedeutenden Jugendstilschmucksammlung des Hessischen Landesmuseums Darmstadt stammen. Der Bestand des Hessischen Landesmuseums wiederum basiert im Wesentlichen auf der hochkarätigen kunsthandwerklichen Sammlung des niederländischen Hofjuweliers Karel A. Citroen, der, 1922 in Amsterdam geboren, bereits mit 30 Jahren zu sammeln begonnen hatte – zu einer Zeit, in der es noch keineswegs en vogue war, sich für das Kunsthandwerk des Jugendstils zu interessieren. Bis 1959 trug Citroen zahlreiche Schmuckobjekte aus ganz Europa zusammen. Die Ausstellung präsentiert mehr als 70 Höhepunkte der Sammlung des Hessischen Landesmuseums, darunter u.a. Arbeiten der bedeutenden Pariser Juweliere, Goldschmiede und Emailleure René Lalique und Georges Fouquet sowie André-Fernand Thesmar und Lucien Gaillard.

Ende des 19. Jahrhunderts setzte René Lalique eine Revolution auf dem Gebiet des Schmuckdesigns in Gang. Er entwarf kostbaren Schmuck für die Welt des Fin de siècle und zählte bedeutende Persönlichkeiten der Jahrhundertwende zu seinen Kunden. Unerschöpflich erscheint der Reichtum an Farben und Formen, realisiert mit höchst wertvollen Materialien. Lalique inspirierte auch die Wiener Schmuckproduktion der Jahrhundertwende, die sich jedoch in eine ganz andere Richtung entwickeln sollte. So sind die weitaus strengeren Arbeiten von Josef Hoffmann Ausdruck der Überzeugung, dass weniger der Materialwert als besondere künstlerische Gestaltung und handwerkliche Qualität die Bedeutung eines Schmuckstückes ausmachen. Ganz ähnlich verhält es sich bei den Pionieren der Darmstädter Künstlerkolonie sowie den Entwerfern in den deutschen Schmuckzentren Hanau und Pforzheim. Schmuck aus Deutschland und Frankreich bildet den Schwerpunkt der Präsentation, doch sind in der Ausstellung ebenfalls Arbeiten des Dänen Georg Arthur Jensen, niederländischer Schmuck von Bert Nienhuis und Jan Eisenlöffel sowie Stücke des legendären russischen Goldschmieds Carl Peter Fabergé zu entdecken. Der belgische Jugendstil ist mit Stücken des Schmuckherstellers Philippe Wolfers präsent. Schmuckarbeiten aus Großbritannien von William Hair Haseler und Juwelen des britischen Architekten und Designers Henry Wilson sowie von Liberty & Co. produzierte Objekte runden das Panorama ab und zeugen vom besonderen Glanz einer großen Epoche der Schmuckkunst.

GLANZ EINER EPOCHE
Jugendstilschmuck aus Europa
Museum Künstlerkolonie,
Mathildenhöhe Darmstadt
21. August – 11. Dezember 2011

Quelle: Institut Mathildenhöhe Darmstadt

Bild:
Karl Rothmüller
Brosche, 1899
Silber, Perlen, Rubine
3,8 cm x 2,5 cm
Ratz-Coradazzi Sammlung


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