Wider den Widerstand – Darmstädter Forscher tragen zur Entwicklung kleinerer und leistungsfähigerer Batterien bei

Teilen

TU DarmstadtMobiles Kommunizieren und Arbeiten mit Handy, Smartphone oder Notebook wäre ohne kleine Lithium-Ionen-Batterien nicht denkbar. Ihre Leistungsfähigkeit und Lebenszeit stoßen jedoch bei Anwendungen etwa in der Elektromobilität an ihre Grenzen. Mit einem in der Batterieforschung ungewöhnlichen Verfahren wollen Darmstädter Forscher den Weg zu kleineren und leistungsfähigeren Batterien ebnen.

Wie jede Batterie bestehen Lithium-Ionen-Batterien aus drei Komponenten: dem Pluspol (Kathode), dem Minuspol (Anode) und dem sogenannten Elektrolyten, der die beiden Pole voneinander trennt, durch den aber während des Betriebs Ionen wandern. Wie die verschiedenen Materialien an ihren Grenzflächen miteinander reagieren und welche Schichten sich hierbei bilden, ist bislang nicht ausreichend verstanden. „Um Lithium-Ionen Batterien zu optimieren, müssen wir verstehen, welche chemischen Reaktionen an den Grenzflächen innerhalb der Batterie stattfinden“, erläutert Dr. René Hausbrand, Leiter der Arbeitsgruppe Lithium-Ionen-Batterien vom Fachgebiet Oberflächenforschung der TU Darmstadt.

Neue Erkenntnisse erhoffen sich die Darmstädter von einem Verfahren, das in der Batterieforschung bisher nur wenig angewandt wird: „Wir nutzen Reaktionskammern, die in ein Ultrahochvakuum-System integriert sind. Auf diese Weise können wir unter idealisierten Bedingungen die Reaktionen an Grenzflächen beobachten, also dort, wo unterschiedliche Materialien aufeinandertreffen“, so Hausbrand. Die Wissenschaftler tragen dabei Elektrolytmaterialien in hauchdünnen Scheibchen auf Kathodenmaterialien auf und beobachten die Reaktionen, die sie immer wieder unterbrechen können. Hierzu nehmen sie das Kathodenmaterial mit dem aufgetragenen Elektrolyten aus der Reaktionskammer heraus, transferieren es in das Ultrahochvakuum und analysieren die Grenzfläche. Die Forscher beobachten auf diese Weise, wie die Moleküle des Elektrolyten mit dem Material der Kathode reagieren, wie sich die chemische Struktur der Oberfläche der Kathode ändert und welche Moleküle sich dort absetzen und eine Schicht bilden.

„Wie genau diese manchmal nur wenige Moleküllagen dicken Ablagerungen auf der Kathode wirken, ist noch nicht vollständig geklärt. Sie werden aber eher als nachteilig für die Lebensdauer der Batterien angesehen, da sie den Innenwiderstand erhöhen“, erklärt Hausbrand. Die Leitfähigkeiten der einzelnen Komponenten für Lithium-Ionen und ihre Durchgängigkeit durch die verschiedenen Grenzflächen bestimmen wesentlich den Innenwiderstand der Batterie, der natürlich so gering wie möglich gehalten werden muss. Je kleiner der Innenwiderstand, desto größer die Leistungsfähigkeit. „Wenn wir genau wissen, was diese Schichten bewirken, können wir die Grenzfläche entsprechend optimieren“, blickt Hausbrand in die nahe Zukunft. So bringt der Physiker gemeinsam mit seinen Kollegen beispielsweise zum Schutz des Materials an der Kathode künstliche Schichten auf und misst die Kapazität über einen längeren Zeitraum.

Leistung braucht Oberfläche

Neben der Optimierung der Grenzflächen von Lithium-Ionen-Batterien haben die Darmstädter Wissenschaftler ihr Augenmerk auch auf Mikrobatterien gerichtet, deren Schichtdicke etwa einem Hundertstel eines Haares entspricht. Sie können in Mikrosystemen etwa in der Robotik zum Einsatz kommen. „Wegen ihrer kleinsten Abmessungen und der Art ihrer Herstellung können keine flüssigen Elektrolyte mehr verwendet werden wie bei den herkömmlichen Batterien, sondern nur noch feste Materialien“, berichtet Hausbrand. Welche Materialien als Festelektrolyte geeignet sind und wie sie am besten hergestellt werden, ist ein Thema, dem sich die Forscher auch gemeinsam mit Industriepartnern widmen. Die Leistungsfähigkeit der Mikrobatterien in Zukunft deutlich erhöhen könnte hierbei eine Strategie, die die Darmstädter zusammen mit ihren Partnern nun umsetzen wollen: Das Problem ist nämlich, dass leistungsfähige Batterien große Oberflächen benötigen – die es naturgemäß bei Mikrobatterien nicht gibt. „Wir wollen deshalb die Materialien auf Substrate aufbauen, die quasi wie eine Hügellandschaft aussehen“, so Hausbrand. Mit diesem Trick, sozusagen Hügel und Täler zu schaffen, kann die Oberfläche um ein Vielfaches erhöht werden, ohne die geometrische, das heißt die für das Auge sichtbare Oberfläche zu vergrößern. Allerdings benötigt man für dieses Vorgehen auch neue Verfahren, um die Materialien auf die Oberflächen aufzutragen. Hausbrand geht davon aus, dass entsprechende Prototypen in drei bis fünf Jahren erhältlich sein werden.

Das Fachgebiet Oberflächenforschung unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfram Jaegermann ist Teil des Sonderforschungsbereichs „Elektrische Ermüdung von Funktionswerkstoffen“ und hat zusammen mit drei anderen Fachgebieten vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Konjunkturpakets II 2,5 Millionen Euro für seine Forschungen auf dem Gebiet von Lithium-Ionen- Batterien erhalten.

Quelle: TU Darmstadt


Teilen